Ein Workout für die gute Laune
Gute Laune, eine hochkomplizierte Sache. Wie entsteht sie? Und wo? Warum ist sie so kurzlebig? Vor allem aber: Wie kann man ihr auf die Sprünge helfen?
Eigentlich ist es mit der guten Laune einfach: das Lieblingslied hören. Den Kindern heimlich beim Spielen zusehen. Einen Spaziergang in der Sonne machen. Wären doch schon einmal drei Momente guter Laune! Ganz so simpel ist es dann aber doch nicht.
Unsere Stimmung wechselt von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag. Gerade in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Corona ist es wichtig, den eigenen Gefühlshaushalt gut zu managen. Aber gelingt das so einfach? Kann man einer positiven Stimmung auf die Sprünge helfen? Forscher um den Psychiater Guy Goodwin von der University of Oxford haben sich nun genauer angeschaut, wie es um unsere Fähigkeit zur Stimmungsregulation bestellt ist. Die im Fachblatt Jama Psychia
try veröffentlichte Studie beruht auf Ergebnissen von Untersuchungen von mehr als 58.000 Teilnehmern – aus Ländern mit durchschnittlich niedrigem, mittlerem und hohem Einkommen wie Frankreich, der Schweiz, China und Indien. Die Wissenschafter nahmen unter die Lupe, wie Menschen ihre Stimmung durch die Wahl ihrer Alltagsaktivitäten regulieren. Die Teilnehmer wurden über eine App mehrmals am Tag gefragt, wie sie sich momentan fühlen und was sie gerade machen. Dabei verglichen die Forscher Menschen mit schlechter Stimmung oder einer Vorgeschichte von Depression mit Personen mit guter Stimmung.
Das Ergebnis: Menschen mit einer durchschnittlich positiveren Laune haben offenbar auch ein besser funktionierendes Stimmungsmanagement. Wenn sie sich schlecht fühlten, neigten sie zu Aktivitäten, die im Normalfall die Stimmung heben – wie etwa Sport treiben. Wenn es ihnen dann besser ging, nahmen sie notwendige, aber weniger freudvolle Tätigkeiten auf, wie etwa Hausarbeit. Somit hielten sie ihre Stimmung in einem positiven Gleichgewicht.
Diese Fähigkeit, die Stimmungen in der Balance zu halten, war bei Menschen mit eher schlechter Gemütsverfassung gestört, bei Personen mit Depressionen war sie sogar überhaupt nicht vorhanden. Wenn sie sich in schlechter Gemütsverfassung befanden, wählten sie keine Tätigkeiten, die ihre Stimmung auf Trab brachten.
Die Forscher um Guy Goodwin führten auch Computersimulationen durch. Diese zeigten: Eine schlechte Fähigkeit, die eigene Stimmung zu regulieren, sagte häufigere und längere depressive Episoden voraus. Wie sich herausstellte, fiel die Wirkung der jeweiligen Betätigung auf die Stimmung je nach Kultur durchaus unterschiedlich aus. Sport führte in Ländern mit hohem Einkommen zum höchsten Stimmungsanstieg. Während Religion in Ländern mit niedrigem Einkommen für den größten Schub sorgte.
Tun und fühlen
Die Sportpsychologin Sabine Würth von der Universität Salzburg hält die Studie für eine interessante Arbeit, hat allerdings auch einen Kritikpunkt. Leider werde in der Studie nur erhoben, welchen Tätigkeiten die befragten Personen nachgehen und welche Stimmung sie dabei haben. „Es wird aber nicht erfasst, ob die Befragten ihre Stimmung bewusst mit verschiedenen Tätigkeiten zu regulieren versuchen, weil sie wissen, dass beispielsweise Sport ihre Stimmung steigert, oder ob sie intuitiv zu diesem Stimmungsmanagement greifen.“
Die Studie bestätigt mit ihrer großen Stichprobe, was auch andere Studien nahelegen: Menschen mit schlechter Stimmung und Depressionen haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren. „Wir wissen schon länger, dass bei Menschen mit einer Depression unter anderem der Affekt verflacht ist und das Stimmungsmanagement nicht mehr normal funktioniert“, sagt Sabine Würth. „Das bedeutet, dass Aktivitäten mit einer früher positiven Wirkung auf die Stimmung die Betroffenen nicht mehr aus ihrem Stimmungstief herausholen.“Die Betroffenen wissen zwar, dass beispielsweise Sport ihre Stimmung steigern könnte. Die psychische Erkrankung geht aber auch mit einem hohen Verlust an Energie einher, sodass sie sich in der Folge nicht mehr zu solchen Betätigungen aufraffen können.
Man könne daher einem schwer depressiven Menschen nicht einfach sagen: „Jetzt beweg’ dich doch einmal, dann geht es dir besser!“Denn dazu sei er einfach nicht in der Lage, sagt Würth. „Mit Medikamenten, die in den Hirnstoffwechsel eingreifen, können depressive Menschen allerdings wieder in die Lage versetzt werden, mehr Energie aufzubauen – und dann kommt auch wieder dieses
Stimmungsmanagement in Gang“, sagt Würth.
Die eigenen Stimmungen und Emotionen zu regulieren ist auch jenseits von Depressionen ganz grundlegend für unser Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit. Wenn man sich etwa auf eine Prüfung vorbereitet, sind oft Gefühle der Angst im Spiel. Man kann diese Gefühle nun vermeiden, indem man sich einfach vor der Prüfung drückt. Damit wird man aber langfristig nicht erfolgreich sein. Psychologen raten vielmehr, die negativen Emotionen auszuhalten und dabei zu versuchen, die Gefühle zu regulieren. Man kann etwa die Prüfung als eine Herausforderung betrachten, die einen weiterbringt.
Übung macht den Meister
Überhaupt ist die gute Nachricht: Stimmungen und Emotionen zu regulieren lässt sich lernen und sogar einüben. Depressive Menschen können etwa trainieren, ihre negativen Emotionen weniger zu unterdrücken. Auch wer nicht depressiv sei, kann eine hilfreiche Strategie üben. Wenn man etwa eine Situation nicht ändern kann, dann kann man versuchen, sie in einem positiveren Licht zu sehen. Schon allein dadurch fühlt man sich besser.