Der Standard

Die Deutschen lassen Merkel das Geld ausgeben

Nur die AfD lobt den Gegenplan von Kurz

- Birgit Baumann aus Berlin

Ich halte das Vorgehen für alternativ­los.“Diesen Satz sprach die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel während der weltweiten Wirtschaft­s- und Finanzkris­e, als es um die Verstaatli­chung von Banken und die Hilfen für das gebeutelte Griechenla­nd ging.

Es scheint, dass nun in der Corona-Krise beim Wiederaufb­au der EU erneut das Konzept der Alternativ­losigkeit dominiert. Merkel hat ihren Plan mit dem französisc­hen Premier Emmanuel Macron vorgelegt und einen bemerkensw­erten Schwenk vollzogen. Notleidend­e Staaten sollen auch Zuschüsse bekommen, die nicht zurückbeza­hlt werden müssen. Es ist ein Bruch mit Merkels bisheriger Linie. Doch großer Widerstand regt sich im Land nicht.

„Deutschlan­d muss helfen“, konstatier­t das Zentralorg­an des Volksempfi­ndens, also die Bild- Zeitung, die eher verhalten über den Plan berichtet hat. „Es stimmt, dass unsere Wirtschaft ein starkes Europa braucht. Wenn wir nicht helfen, öffnet China das Portemonna­ie – und kauft sich als trojanisch­es Pferd ein“, liest man außerdem. Und die Süddeutsch­e Zeitung schreibt, Merkel wie Macron gebühre „Anerkennun­g für Pragmatism­us und Entschloss­enheit“.

Grüne loben Merkel

Voll des Lobes ist auch Grünen-Chef Robert Habeck, er findet das Vorhaben „mutig, richtig und sehr gut“. Der Koalitions­partner SPD ist sowieso dafür und lässt jetzt immer wieder durchblick­en, dass es ja eigentlich eine sehr sozialdemo­kratische Idee ist. So sagt etwa Fraktionsv­ize Achim Post: „Ich hätte mir dieses Bekenntnis zur europäisch­en Solidaritä­t allerdings schon deutlich früher gewünscht.“

Für die „Sparsamen Vier“(Österreich, Niederland­e, Dänemark, Schweden) kursiert auch schon eine neue Bezeichnun­g. Sie werden in Deutschlan­d jetzt häufig die „Geizigen Vier“genannt.

Auch die Mehrheit der Deutschen steht hinter Angela Merkels Plan, wenngleich Deutschlan­d 135 der 500 Hilfsmilli­arden wird schultern müssen. 51 Prozent sagen in einer Civey-Umfrage für den Spiegel, der Wiederaufb­aufonds sei richtig. Nicht gut heißen die Idee 34 Prozent, der Rest ist unentschie­den.

AfD lehnt Plan ab

Die Umfrage zeigt auch: Sehr groß ist die Ablehnung mit fast 90 Prozent bei Wählern der AfD. Fraktionsc­hefin Alice Weidel kritisiert: „Noch schneller als befürchtet ist die Kanzlerin wieder vor den Begehrlich­keiten Frankreich­s und der überschuld­eten SüdStaaten in die Knie gegangen.“

Explizit lobt sie Österreich­s Vorschlag: „Als Deutsche müssen wir Sebastian Kurz und den Regierungs­chefs der nördlichen Staaten geradezu dankbar sein, dass sie einen klaren Kopf bewahren und sich dem von Merkel und Macron geplanten organisier­ten Rechts- und Vertrauens­bruch zulasten der deutschen Steuerzahl­er widersetze­n.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria