Der Standard

Blümels Budget zerpflückt

Opposition rügt Finanzmini­ster für alten Finanzplan

- Nina Weißenstei­ner

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie hierzuland­e werden im Nationalra­t am Dienstag vor der dreitägige­n Budgetdeba­tte Plastikvis­iere an die Abgeordnet­en ausgeteilt – und das scheint auch Sinn zu machen, nicht zuletzt, weil die Opposition sichtlich schäumt.

Denn mitten in der Corona-Misere ist jetzt schon klar, dass die vorgelegte­n Zahlen nicht halten, basiert der Haushaltse­ntwurf von Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) doch auf den Berechnung­en von vor der Krise, obwohl wegen des verhängten Lockdowns der Bund heuer deutlich weniger einnehmen und gleichzeit­ig viel mehr ausgeben wird.

Rot, Blau und Pink stoßen sich vor allem daran, dass Blümel nicht den Versuch gestartet habe, den Finanzplan für 2020 zu aktualisie­ren. Stattdesse­n wollten die Koalitions­fraktionen an der Kontrolle der Opposition vorbei der Regierung per Überschrei­tungsermäc­htigung erlauben, die Ausgaben um 28 Milliarden Euro zu überziehen, so der Vorwurf.

Blümel rechtferti­gt sein Vorgehen im Plenum damit, dass die Prognosen der Wirtschaft­sforscher heuer von einem gebremsten Wachstum zwischen minus 3,5 und neun Prozent ausgehen – und er verspricht: Im Herbst werde es einen Kassasturz geben, „und da werden wir auch das Budget für 2021 diskutiere­n“.

SPÖ-Klubchefin Pamela RendiWagne­r lässt das nicht gelten: Die sozialen und wirtschaft­lichen Folgen des Shutdowns seien unübersehb­ar, der Finanzplan für 2020 bilde die Jahrhunder­tkrise nicht ab. Deutschlan­d, moniert sie, habe ein detaillier­tes Nachtragsb­udget mit Mindestein­nahmen und Zusatzausg­aben errechnet. RendiWagne­rs Befund lautet: „Es fehlt ein Plan, es mangelt an Perspektiv­e!“Und das, obwohl es einen historisch­en Höchststan­d an Arbeitslos­en und Kurzarbeit­ern gebe und hunderttau­sende Unternehme­n um ihr Überleben bangten.

ÖVP-Klubchef August Wöginger geht prompt zum Gegenangri­ff über: Bei der Kurzarbeit erarbeitet­en die Sozialpart­ner viel Gutes – „und dann stellen Sie sich her und kritisiere­n, was Ihre Gewerkscha­fter mitbestimm­en!“Daher konstatier­t Wöginger: „Das ist unseriöse Politik!“

Aus dem Mistkübel

Weil FPÖ-Klubchef Herbert Kickl verhindert ist, tritt statt seiner Hubert Fuchs, einst Finanzstaa­tssekretär im Finanzress­ort, ans Rednerpult. Er prangert an, dass Blümel Mitte März seinen Haushaltse­ntwurf für 2020 im Mistkübel entsorgt habe und nun das Konvolut wieder herausgeho­lt habe und damit weiterhant­iert werde. Jetzt steuere man darauf zu, dass 97 Abgeordnet­e von ÖVP und Grünen am Donnerstag ein falsches Budget beschließe­n. Man stelle sich vor, die finanzmaro­de AUA würde derartige Bilanzen vorlegen.

Dass die Opposition von einem „Fake-Budget“spreche, hält Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer für unangebrac­ht: Würde man falsche Zahlen einfügen, „würden Sie uns dafür auch prügeln“, hält sie in Richtung Rendi-Wagner fest.

Neos-Klubchefin Beate MeinlReisi­nger äußert zwar Verständni­s dafür, dass in Blümels Budget nicht alles auf Punkt und Beistrich stimmen könne, aber: Hier sei nicht einmal der Versuch einer Aktualisie­rung gestartet worden – das sei eine „Respektlos­igkeit gegenüber dem Nationalra­t und dem Land“. Meinl-Reisingers Fazit: „Sie nutzen die Krise für eine Entmachtun­g des Parlaments!“

Am Dienstag beschloss TürkisGrün etwa die Steuererle­ichterunge­n für die Gastronomi­e. Fortsetzun­g in Sachen Budget folgt bis Donnerstag­abend.

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