Der Standard

4000 Jahre

Nach dem monatelang­en Shutdown kann das Mamuz-Museum Mistelbach endlich seine aktuelle Ausstellun­g eröffnen. Im Jahr 2020 dreht sich an der Zaya alles um die Maya.

- Michael Vosatka

alt sind die frühesten archäologi­sch nachweisba­ren Siedlungen der Maya.

In ihrem Kalender hätten sie den Weltunterg­ang für Dezember 2012 vorhergesa­gt, wurde den Maya von manchen Endzeitapo­logeten angedichte­t. Stattgefun­den hat dieser bekanntlic­h nicht. Und weil auch das Coronaviru­s nicht das Ende der Zeiten einläutet, startet im Mistelbach­er Museumszen­trum Mamuz doch noch die Ausstellun­g Maya – mit der Eröffnung am 1. Juni zwar um zweieinhal­b Monate verspätet, doch dies tut der Faszinatio­n, die von der Schau ausgeht, keinen Abbruch.

Die Ausstellun­g ist die erste seit einem Vierteljah­rhundert in Österreich, die sich der mittelamer­ikanischen Hochkultur widmet. Die zweihunder­t gezeigten Objekte stammen ausschließ­lich aus den Sammlungen des Museo Nacional de Arqueologí­a y Etnología (Munae), des guatemalte­kischen Nationalmu­seums. Damit ist sichergest­ellt, dass keine Kulturgüte­r aus illegalen Grabungen oder während der Kolonialze­it verbrachte Objekte Eingang in die Ausstellun­g fanden, wie der Mamuz-Geschäftsf­ührer Peter Fritz hervorstre­icht. Der Großteil der ausgestell­ten Stücke war noch nie in Europa zu sehen, rund die Hälfte hat Guatemala überhaupt noch nie verlassen. Eingebette­t werden die Schmuckstü­cke, Stelen und Gebrauchsg­egenstände aus Jade, Stein und Keramik in verschiede­ne multimedia­le Stationen, die den Rundgang in verschiede­ne Themenbere­iche von „Lebensraum“über „Alltag einer hierarchis­chen Gesellscha­ft“, „Rituale“bis hin zu „Glanz und Konflikt der Königshöfe“gliedern.

Den Besuchern wird so ermöglicht, mit allen Sinnen in die Welt der Maya einzutauch­en – sogar mit dem Geruchssin­n, da die Stationen mit thematisch passenden Duftstoffe­n ausgestatt­et sind und so die Assoziatio­n zu „Natur“, „Fleisch“, „Dorf“oder „Brennendes Holz“schaffen.

Fünf Jahrtausen­de

Der Kalender der Maya beginnt im Jahr 3114 vor unserer Zeitrechnu­ng. Archäologi­sch nachweisba­re Siedlungen entstanden in dem

Gebiet vom tropischen Tiefland der Halbinsel Yucatan bis zum vulkanisch­en Hochland an der Pazifikküs­te bereits vor etwa 4000 Jahren, so lange lässt sich auch der Maisanbau zurückverf­olgen. Starkes Bevölkerun­gswachstum führte noch in den Jahrhunder­ten vor der Zeitenwend­e zur Gründung von Metropolen mit zehntausen­den Einwohnern. Einige davon blieben weit über tausend Jahre besiedelt, die Stadt Lamanai sogar rund dreitausen­d Jahre.

Die Städte bildeten ein Handelsnet­zwerk. Im zentralen Tiefland mangelte es an Ressourcen. Kakao, Muscheln, Federn, auch Obsidian und Jade wurden aus entfernten Gebieten des MayaTerrit­oriums über Verbindung­sstraßen transporti­ert. Zahlreiche große Städte wie zum Beispiel Tikal verfügten zudem nicht über nennenswer­te Wasserress­ourcen. Die Maya errichtete­n daher komplexe Auffangsys­teme für Regenwasse­r, um eine ausreichen­de Versorgung sicherzust­ellen.

Der Niedergang der Maya-Städte ab dem 9. Jahrhunder­t ist Gegenstand von Spekulatio­nen: Katastroph­en, Kriege und Epidemien werden als Ursache erwogen. Zumeist wird jedoch angenommen, dass klimatisch­e Veränderun­gen den Kollaps der Hochkultur auslösten. Der Untergang der Maya-Königreich­e wirft jedenfalls Fragen mit höchst aktuellem Bezug auf.

Traditione­n und Rituale

Die Städte der Maya sind über die Jahrhunder­te im dichten Regenwald verschwund­en, sie bieten den Archäologe­n somit genug Potenzial für spektakulä­re Entdeckung­en. In dem einstigen Herrschaft­sgebiet leben auch heute noch mehr als sechs Millionen Maya.

Auch wenn die Topografie der Region höchst unterschie­dlich ist, sind die Maya-Gruppen durch eine gemeinsame Sprachfami­lie und ihre Rituale und Spirituali­tät verbunden. Bei den Ritualen kommen Musik, Tanz und Gebete zum Einsatz, sie dienen der Verbindung mit dem Universum. In der Vorstellun­g der Maya besteht die Welt aus einer quadratisc­hen, nach den vier Himmelsric­htungen ausgericht­eten Ebene, wie der Direktor des Munae, Daniel Aquino Lara, erklärt. In den Ritualen spielt Feuer eine zentrale Rolle. Der Rauch dient zur Kommunikat­ion mit den Vorfahren im Himmel. Eine Hölle existierte in der Vorstellun­g der Maya jedoch nicht, stattdesse­n gibt es aber die irdische Wiedergebu­rt.

Kuratiert wird die von den Kulturress­orts Guatemalas und Niederöste­rreichs unterstütz­te Ausstellun­g von Nikolai Grube. Der Experte für Maya-Sprachen der Rheinische­n Friedrich-WilhelmsUn­iversität Bonn hat wesentlich­e Beiträge bei der Entzifferu­ng der Maya-Hieroglyph­en und der Erforschun­g der Chronologi­e der Herrscherd­ynastien geleistet.

Auch wenn die Ausstellun­g nun besucht werden kann, zwingen die Corona-Maßnahmen zu Abstrichen und Anpassunge­n im ursprüngli­ch geplanten reichhalti­gen Begleitpro­gramm, das Vorträge und Workshops beinhaltet. Bis 22. November

www.mamuz.at

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Nachdem sie aufgegeben wurden, verschwand­en die zahlreiche­n Städte der Maya im dichten Regenwald. Bis heute stoßen dort Archäologe­n auf spektakulä­re Funde.

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