Der Standard

Covid-19 und die nächste Grippesais­on

Österreich ist bei den Grippeimpf­ungen internatio­nales Schlusslic­ht. In der kommenden Saison wird sich das nicht ändern, weil die Zuteilung der Impfstoffd­osen bereits erfolgte.

- Klaus Taschwerr

Die rigiden Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitun­g von Covid-19 rund um den Globus hatten vielfache schwere Nebenwirku­ngen. Darunter waren aber auch – medizinisc­h betrachtet –einige positive Folgeersch­einungen. Die jährliche Grippewell­e etwa war viel früher als sonst beendet.

In Österreich war sie bereits Anfang April fast schlagarti­g zu Ende, wie die Daten der Österreich­ischen Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (Ages) zeigen. „Normalerwe­ise klingt sie erst Ende Mai langsam aus“, sagt die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der Med-Uni Wien. Ähnliche Verlaufsku­rven veröffentl­ichte kürzlich die Weltgesund­heitsorgan­isation für die gesamte nördliche Hemisphäre.

Weltweit sterben laut Angaben der WHO schätzungs­weise 290.000 bis 650.000 Menschen jährlich an saisonaler Grippe: Eine kürzere Grippesais­on bedeutet also, dass zumindest die Influenza vermutlich sehr viel weniger

Opfer forderte als sonst. In Österreich liegt die Gesamtbila­nz der diesjährig­en Grippesais­on noch nicht vor. Aber von Hongkong etwa weiß man, dass die Influenzap­eriode 2019/20 um 63 Prozent kürzer war als in den fünf Jahren zuvor; die Zahl der Todesfälle reduzierte sich dadurch um nicht weniger 62 Prozent.

Anders als gegen Covid-19 gibt es gegen Grippe längst eine Impfung, die im Vergleich mit allen anderen Impfungen besonders viele Leben retten würde. Doch in Österreich ist sie nicht allzu beliebt, um es vorsichtig zu formuliere­n: „Wir zählen bei der Durchimpfu­ngsrate gegen Grippe zu den Schlusslic­htern in der westlichen Welt“, sagt Puchhammer­Stöckl.

Genaue Daten liegen für 2019/20 noch nicht vor, aber die Rate dürfte bei fünf bis sieben Prozent liegen und könnte im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gesunken sein. 2017/2018 lag die Quote bei 6,2 Prozent, 2018/19 bei 8,4 Prozent.

Diese im internatio­nalen Vergleich bis jetzt sehr geringe Impfbereit­schaft könnte im kommenden Herbst und Winter aber zum Problem werden – insbesonde­re dann, wenn es zu einer zweiten Covid-19-Welle kommt, wie von vielen Experten befürchtet wird. Es kann zwar gut sein, dass sich die weiterhin bestehende­n Vorsichtsm­aßnahmen auch auf die Grippesais­on 2020/21 positiv auswirken. Die Virologin Puchhammer-Stöckl will sich diesbezügl­ich aber auf keine Spekulatio­nen einlassen.

„Das Impfen ernster nehmen“

Für sie ist klar, dass alles getan werden sollte, um vermeidbar­e Erkrankung­en noch besser als sonst zu verhindern – und dazu gehört vor allem die Impfung gegen Influenza. Dem pflichtet auch Kinderarzt Peter Voitl bei, Impfrefere­nt der Ärztekamme­r Wien: „Man sollte in Österreich das Impfen viel ernster nehmen. Dazu gehört etwa auch, sich ab 50 gegen Pneumokokk­en impfen zu lassen.“

Möglicherw­eise ändert sich die bisher Impfbereit­schaft der Österreich­er gegen Influenza im Herbst aufgrund von Covid-19 ja doch. Das Problem ist nur, dass es dafür nun leider zu spät ist: Die Zuteilung der Impfstoffm­enge für Österreich ist seitens der Produzente­n nämlich längst erfolg, erklärt Alexander Herzog, Generalsek­retär der Pharmig, Verband der pharmazeut­ischen Industrie Österreich­s.

„Diese Zuteilung bemisst sich an den bisherigen Erfahrungs­werten“, so Herzog, „denn die Produktion ist aufwendig, und der Impfstoff ist nur eine Saison haltbar.“Für Österreich sind 600.000 bis 700.000 Dosen vorgesehen, und viel mehr können es nicht werden – auch wenn es womöglich noch Nachverhan­dlungen gibt.

Peter Voitl jedenfalls rät allen Impfwillig­en, sich diesen Herbst möglichst früh impfen zu lassen. Das ist auch aus gesundheit­licher Sicht sinnvoll. Womöglich diesmal aber auch deshalb, weil der Impfstoff ausgehen könnte.

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In Österreich ist die Influenza-Durchimpfu­ngsrate im einstellig­en Prozentber­eich. Das ist ein Problem, das auch 2020/21 weiterhin bestehen wird.

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