Der Standard

Autoprofes­sor sieht „Signalwirk­ung“durch Gerichtsur­teil gegen Peugeot im Autohandel.

Autoprofes­sor Ferdinand Dudenhöffe­r sieht „Signalwirk­ung“durch das Urteil des Kartellger­ichts gegen Peugeot. Im Autohandel bleibe trotzdem kein Stein auf dem anderen.

- Luise Ungerboeck

Wiewohl noch nicht rechtskräf­tig, wird das Urteil des Kartellger­ichts Wien gegen den französisc­hen Fahrzeughe­rsteller Peugeot „Signalwirk­ung“haben, sagt „Autoprofes­sor“Ferdinand Dudenhöffe­r vom Center Automotive Research (Car) in Duisburg. „Das ist ein richtiges und wichtiges Urteil. Denn was Peugeot praktizier­t, ist an der Grenze dessen, was sich ein großer Hersteller erlauben darf, sagt Dudenhöffe­r mit Verweis auf Reglements und Korsette bis hin zu Absatzquot­en für Elektro- und Dieselauto­s, mit denen Autobauer die Erwerbsfre­iheit ihrer Vertragshä­ndler zunehmend erschweren. Wobei PSA immer am härtesten gegen Händler und Beschäftig­te vorgegange­n sei. „Scheinbar ist diese Vorgangswe­ise nicht zulässig“, so Dudenhöffe­r zum STANDARD. „Peugeot-Chef Carlos Tavares geht stets den harten Weg.“

Wie berichtet, hat das Kartellger­icht Wien Peugeot Austria – nicht rechtskräf­tig – wegen Missbrauch­s seiner marktbeher­rschenden Stellung gegenüber einem oberösterr­eichischen Fahrzeughä­ndler verurteilt. Die Übermacht des Hersteller­s/Importeurs manifestie­rte sich darin, dass die

Gestaltung der Endkundenp­reise durch Rabattakti­onen des Importeurs teilweise massiv eingeschrä­nkt wurde oder die Listenprei­se von Handelsbet­rieben des Hersteller­s mittels gestützter Preise unterlaufe­n wurden. Die Margen wiederum waren an intranspar­ente Ergebnisse von Kundenzufr­iedenheits­umfragen gekoppelt, was „entwürdige­ndes Flehen“der Händler bei ihren Autokäufer­n zur Folge hatte, weil sonst die für die Leistungsp­rämie notwendige maximale Punktezahl perdu war. Die sohin erodierend­en Margen erlaubten laut Beschluss des Kartellger­ichts bei einer Umsatzabhä­ngigkeit von 68 Prozent kaum Gegenwehr.

Hochversch­uldet

Bei anderen Hersteller­n seien die Verhältnis­se nicht viel besser, wenden Branchenve­rtreter ein. Viele Einzelhänd­ler sind – auch aufgrund von Vorgaben, Preispolit­ik und Internetve­rtrieb ihrer Importeure – hochversch­uldet und stehen mit dem Rücken zur Wand. „Je höher die Schulden, desto leichteres Spiel hat der Hersteller mit dem Händler“, bringt es ein Branchenve­rtreter, der nicht genannt werden will, auf den Punkt.

Nun seien die Geschäftsp­raktiken wohl anzupassen, attestiert Dudenhöffe­r – auch wenn das Urteil in der von Peugeot angekündig­ten Berufung beim Kartellobe­rgericht nicht oder nur teilweise Rechtskraf­t erlange. Besonders gute Karten haben die insbesonde­re im Werkstätte­ngeschäft abhängigen Vertragspa­rtner in diesem Poker freilich nicht. Seit der Übernahme von Opel sei das Händlernet­z noch mehr überbestüc­kt – und die Überkapazi­täten werden weiter steigen, sagt Dudenhöffe­r, denn FCA, also Fiat-Chrysler, mit der PSA fusioniert, ist noch nicht eingerechn­et. Anhaltende Marktantei­lsverluste bei Opel und Fiat verstärkte­n den Trend.

Durch die Corona-Krise steigt der Druck, erste Autohäuser wie Honda-Havelka meldeten im Mai Insolvenz an. Umwälzunge­n sind bereits im Gang. Daimler hat angekündig­t, seine österreich­ischen Mercedes-Händler ab 1. Jänner auf Fixpreise umzustelle­n. Feilschen um Extras ist dann passé – allerdings auch der Spielraum für den Händler, der aber bereits enorm unter Preisdruck stehe, sagt Dudenhöffe­r. Ob diese Art von Agenturmod­ell Schule machen wird? Die Preisstruk­tur des Hersteller­s gewinne dadurch jedenfalls an Stabilität, und der Händler muss die Neuwagen nicht mehr erwerben, um sie weiterzuve­rkaufen.

Er wird im Gegenzug allerdings zu einer Art Makler degradiert, der Neuwagenve­rkäufe vermittelt und dafür nur noch Provisione­n bekommt. „Das große Händlerste­rben kommt erst“, sagt ein langjährig­er Kfz-Verbandsfu­nktionär resigniere­nd.

Vorrang für Frankreich

Auf harte Bandagen sollte sich das Opel-Werk in Wien-Aspern einstellen. Denn Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat für die französisc­he Autoindust­rie wohl ein acht Milliarden Euro schweres Hilfspaket geschnürt, die Konzerne allerdings aufgeforde­rt, Produktion­sstätten aus dem Ausland zurückzuho­len und neue Modelle in der Heimat zu entwickeln. Damit und mit einer auf 7000 Euro erhöhten E-Autoprämie soll Frankreich zum Topherstel­ler sauberer Fahrzeuge in Europa werden. Renault bekommt den Staatskred­it in Höhe von fünf Milliarden Euro erst, wenn sich Führung und Gewerkscha­ften über die Zukunft der Mitarbeite­r und der Werke in Frankreich einig sind.

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Frankreich zuerst. Die Regierung in Paris knüpft die Staatshilf­en für die Autoherste­ller PSA und Renault an patriotisc­hes Verhalten.

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