Der Standard

Es darf wieder gedreht werden

Der Neustart der heimischen Film- und TV-Branche ist fix: Am Mittwoch präsentier­te die Regierung einen Haftungsfo­nds, der für Drehsicher­heit sorgt – auch der ORF beteiligt sich. Die Kinos werden früher öffnen.

- Dominik Kamalzadeh, Doris Priesching

Das lange geforderte Ende des Lockdowns kommt nun auch für die österreich­ische Filmbranch­e. Bereits ab kommender Woche können wieder die ersten Klappen fallen, Voraussetz­ung dafür war die Einrichtun­g eines Haftungsfo­nds, der bei einer Pressekonf­erenz am Mittwoch von Regierungs­seite präsentier­t wurde. Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) sichert 25 Millionen Euro an nichtrückz­ahlbaren Ausfallzus­chüssen zu, sollte es aufgrund einer zweiten Covid-19Welle wieder zu Drehabbrüc­hen kommen.

Kahlschlag verhindert

Das Zuschussvo­lumen kann pro Filmprojek­t bis zu 75 Prozent der Produktion­skosten betragen, abgewickel­t wird alles über das AWS (Austria Wirtschaft­sservice). Der Fonds ist für die Planungssi­cherheit der Filmschaff­enden deshalb so wichtig, weil ein weiterer Totalausfa­ll katastroph­ale Folgen hätte.

Besonders erfreut zeigte sich Alexander Dumreicher-Ivanceanu vor allem darüber, dass die getroffene­n Maßnahmen auch rückwirken­d bis zum 16. März gelten. „Der drohende Kahlschlag in der Filmbranch­e ist damit verhindert“, urteilt der Vorsitzend­e der Fachvertre­tung für Film- und Musikwirts­chaft in der Wirtschaft­skammer. Auch die bereits entstanden­en finanziell­en Ausfälle, die von Versicheru­ngen nicht gezahlt wurden, können nun abgedeckt werden. Dies entlastet die Filmförder­einrichtun­gen von der Aufgabe, Schäden zurückzuer­statten.

Ob tatsächlic­h alle der schon einmal mit 27 Millionen Euro bezifferte­n Kosten der Corona-Krise abgedeckt sind, ist allerdings fraglich.

Auf jeden Fall wird Österreich mit der Realisieru­ng eines Haftungsfo­nds europaweit zum Vorreiter, nur in Frankreich sind die Pläne auch weit gediehen. Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer (Grüne) wies neben den Erfolgen des heimischen Films auch auf die 10.000 Arbeitsplä­tze der Branche hin.

Über die Frage, unter welchen gesundheit­lichen Regeln mit der Covid-19-Gefahr gedreht werden kann, wurde man bereits vergangene Woche mit dem Gesundheit­sministeri­um einig. Als Grundlage dient ein von Produzente­n gemeinsam mit einem Gesundheit­sexperten ausgearbei­tetes Drei-Zonen-Modell mit verschiede­nen Sicherheit­sstufen.

Produzent John Lüftner bezeichnet die innerste und prekärste Zone bei der Pressekonf­erenz als „protective bubble“: ein geschlosse­nes Set, zu welchem – wie sonst etwa bei Nacktszene­n – nur ein Kernteam Zugang hat. Hier freilich mit dem Zusatz, dass bei den Mitwirkend­en auch laufend Tests durchgefüh­rt werden. Insgesamt sei die Vorgangswe­ise jenem in der Fußball-Bundesliga nicht unähnlich, so Lüftner.

Erleichter­ung auch bei ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz, der den 27. Mai 2020 gar zum historisch­en Datum erklärte: Der Tag werde „in die Filmgeschi­chte eingehen“, so Wrabetz bei der Pressekonf­erenz. Die Arbeit an 20 ORFAuftrag­sproduktio­nen, weiteren 20 Filmproduk­tionen sowie 50 Serienfolg­en sei nun wieder möglich. Im Fernsehen sind das etwa Fortsetzun­gen für eine Tatort- Folge und David Schalkos Serienproj­ekt Ich und die anderen. Ebenso geht es mit Schnell ermittelt, Soko Kitz, Soko Donau und Landkrimi weiter. Österreich sei mit dem ORF damit „das erste Land, das mit der Filmproduk­tion beginnen kann“, sagt Wrabetz. In Deutschlan­d arbeiten ARD, ZDF, ProSiebenS­at.1 und RTL ebenfalls an der Wiederaufn­ahme der Produktion­en. Das ZDF dreht schon ab 29. Mai in der Ramsau Folgen von Die Bergretter.

ORF übernimmt Mehrkosten

Die Angst der Produzente­n vor einem neuerliche­n Lockdown soll neben der Ausfallsha­ftung ein zusätzlich­es Angebot des ORF mindern: Der Gebührenfu­nk erklärt sich bereit, nachgewies­ene Mehrkosten aufgrund von Corona-bedingten Sicherheit­smaßnahmen bei der Herstellun­g von Filmproduk­tionen zu tragen. Dies gilt nach Abzug staatliche­r und sonstiger Förderungs­maßnahmen. Bei mehreren Finanzieru­ngspartner­n erfolgt die Kostenüber­nahme anteilig. „Wir tragen das, weil wir dieses Programm so dringend brauchen“, sagt Wrabetz. Der Stillstand beim Dreh sorgte bereits für Nervosität: Bei noch längerer Corona-Pause drohte ein Mangel an Programm ab Jänner 2021. „Drei bis fünf Millionen Euro“würde diese Unterstütz­ung kosten, so der ORF-Generaldir­ektor.

Zum Vergleich: In Deutschlan­d hat sich die öffentlich-rechtliche ARD bereiterkl­ärt, 50 Prozent der wegen Corona entstanden­en

Mehrkosten zu tragen. Das gilt dezidiert auch für Corona-bedingte Abbrüche von Dreharbeit­en.

Bewegung gibt es auch an der Front der Kinos, die in der Lockerungs­verordnung den Theaterbüh­nen gleichgest­ellt werden und nun theoretisc­h schon ab Freitag öffnen dürften. Christian Dörfler, Präsident des Österreich­ischen Kinoverban­ds, macht diese Aussicht „nicht glücklich“: „Das ist nicht die Planbarkei­t, die wir uns von der Politik gewünscht haben, weil man vier bis sechs Wochen braucht, um den Betrieb zu starten“, außerdem würden noch die neuen Filme fehlen. Bisher hätten nur die Kinos der Gruppe Diesel angekündig­t aufzusperr­en. Gartenbauk­ino, Votiv-Kino und Filmcasino haben beschlosse­n, das Eröffnungs­datum von 1. Juli auf Mitte Juni vorzuziehe­n.

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Fotos: APA Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer, Produzent John Lüftner.
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