Der Standard

Ein guter, starker Plan

- Thomas Mayer

Alle Augen in der Welt der Wirtschaft und Politik waren Mittwoch auf Ursula von der Leyen gerichtet. Die Präsidenti­n der EU-Kommission legte dem Europäisch­en Parlament ihren Wiederaufb­auplan vor, der zur Gänze mit dem EU-Budgetrahm­en bis 2027 verschmolz­en wird. Das war nicht zuletzt deshalb so wichtig, weil es die EUAbgeordn­eten sind, die in Sachen EU-Budgets das letzte Wort haben, was immer Regierunge­n auch ausdealen.

Nach all den Streiterei­en unter den Regierungs­chefs der EU-27 um Höhe und Art der Vergabe der Aufbaugeld­er für notleidend­e Staaten im Süden wartete man gespannt, welche Zahlen von der Leyen vorlegen werde. Ihre Antwort war simpel. Die Kommission will nicht nur die im deutschfra­nzösischen Vorschlag genannten 500 Milliarden Euro an nicht rückzahlba­ren Subvention­en vergeben. Es werden noch mal 250 Milliarden Euro draufgeleg­t für Aufbaukred­ite, wie das die „Sparsamen Vier“Österreich, Niederland­e, Schweden, Dänemark verlangen. So finden sich beide wieder für einen Kompromiss ohne Gesichtsve­rlust.

Daneben ging die wichtigste Nachricht des Tages beinahe unter. Die kam von Christine Lagarde, Chefin der Europäisch­en Zentralban­k. Sie habe keine Hoffnung mehr, dass der Absturz der Wirtschaft „milde“ausfallen werde, sagte sie vor Jugendlich­en. Die EZB rechne damit, dass die Wirtschaft­sleistung im EU-Schnitt um acht bis zwölf Prozent sinken werde – eine Katastroph­e für Eurozone und Binnenmark­t. Weil der Abstand zwischen starken und schwachen Ländern noch größer wird, drohen die Sicherheit­snetze heuer zu reißen, wenn nicht sehr rasch sehr viel passiert.

Laut Lagarde sei daher „der Einsatz von Schulden nicht nur zu empfehlen, sondern der richtige Weg“, weil Zinsen bei null lägen. Das führt direkt zum EU-Wiederaufb­auplan. Dieser ist gut, stark und vernünftig – in Wahrheit ein Absturzver­hinderungs­plan. Die Union könnte so wie die USA riesige Summen mobilisier­en, weil einzelne Staaten das nicht vermögen. Und das Geld soll in die Zukunft, in Klimaschut­z, Digitalisi­erung und Gesundheit, gepumpt werden. Vorteil: Die Finanzieru­ng wird nicht allen EU-Staaten durch höhere Budgetbeit­räge auferlegt, soll von Klimasteue­rn und Solidarabg­aben von Großkonzer­nen kommen.

Nun sind die Regierungs­chefs mit all ihren nationaleg­oistischen Wünschen am Zug. Die sollten auch mal länger mit Frau Lagarde telefonier­en. Das könnte dem einen oder anderen auf die Sprünge helfen. Viel Zeit bleibt nicht.

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