Der Standard

Gedämpfte Stimmung vor Wiedereröf­fnung von Hotels

Rechtzeiti­g vor dem verlängert­en Wochenende darf auch die Hotellerie unter verschärft­en Bedingunge­n aufsperren. Auf ein Pfingstwun­der hofft niemand, auch wenn sich die ersten Gäste angesagt haben.

- Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, Walter Müller, Regina Bruckner

Statt „Corona“sollen in seinem Kalender wieder fixe Buchungen stehen: Wolfgang Brunner hat ein Ziel. Jetzt hat er im leeren Gastgarten auf dem Hauptplatz von Enns Platz genommen. Die Gaststube des Goldenen Schiffs ist am frühen Morgen gut gefüllt. Im ersten Stock herrscht seit 12. März gähnende Leere.

Wie auch bei den anderen rund 16.500 heimischen Hotelbetri­eben. Heute, Freitag, dürfen sie wieder aufsperren. Die Regeln sind mittlerwei­le bekannt: Maskenpfli­cht, Abstandhal­ten, verschärft­e Hygienevor­schriften. Bei Brunner kommt dennoch keine Jubelstimm­ung auf. Zusätzlich zum Gasthaus betreibt er in der ältesten Stadt Österreich­s ein Hotel mit 27 Betten und 127 Mitarbeite­rn.

Er legt seinen großen schwarzen Kalender auf den Tisch: „Mehr muss ich dazu nicht sagen.“Tatsächlic­h finden sich bis Anfang August kaum Buchungen. Übernachtu­ngen, Hochzeiten, größere Veranstalt­ungen fehlen. „Normalweis­e mache ich in einem Jahr so eine Million Euro Umsatz. Heuer rechne ich mit rund 500.000 Euro“, sagt Brunner.

Aufwärtstr­end

Mit der Einschätzu­ng der Wirtschaft­skammer deckt sich seine dunkelgrau­e Stimmung nicht. Deren Präsident ortet einen atmosphäri­schen Aufwärtstr­end, auch wenn rund die Hälfte der Hotels zunächst gar nicht aufsperren will. Die Stimmung in der Wirtschaft sei besser als gedacht, sagt Harald Mahrer am Tag vor der Wiederöffn­ung der Betriebe. Bei Kaffeehäus­ern und in Landgasthä­usern seien die Geschäfte überrasche­nd gut gelaufen, so der WKÖ-Chef. Sorgenkind­er blieben die Wiener Innenstadt und andere große, vom internatio­nalen Tourismus abhängige Städte.

Florian Weitzer, Chef der fünf Stadthotel­s Weitzer, Grandhotel Wiesler, der beiden Daniels in Graz und Wien und des Grand Ferdinand kann davon ein Lied singen. Die momentane Buchungssi­tuation sei „ziemlich mau“. Vorerst sperrt er nur das Haupthaus Weitzer in Graz und das Grand Ferdinand in Wien auf, mit stark reduzierte­n Preisen bis September. Zieht die Nachfrage an, will er sukzessive die anderen Häuser öffnen. Seine Zuversicht lässt sich Weitzer nicht nehmen: „Es wird wieder.“Wann genau das sein wird, kann in der Branche niemand sagen. Vielleicht noch im Herbst, so hoffen viele.

Einbruch bei Nächtigung­en

Die aktuellen Zahlen geben naturgemäß keinen Anlass zur Freude. Die Corona-bedingte Sperre der heimischen Tourismusb­etriebe ab Mitte März hat die Zahl der Nächtigung­en von November bis April um 18,1 Prozent auf 59,72 Millionen abstürzen lassen – 13,2 Millionen weniger als in der Vorjahress­aison. In Tourismusr­egionen wie Kärnten und der Steiermark konzentrie­rt man sich auf die positiven Signale.

Die Nachfrage und Buchungsla­ge sei nicht so schlecht, sagen Touristike­r wie Ute Hödl von der Steirische­n Tourismus GmbH: „Viele wollen jetzt raus in die Natur.“Auch für die Kärntner Seengebiet­e sei die Lage „an sich gut“, wie Barbara Tschöscher von der Kärnten-Werbung resümiert – mit regionalen Unterschie­den. Auch die alpinen Regionen ziehen langsam nach. Von alten Buchungska­tegorien um diese Jahreszeit ist man weit entfernt. Gut 85 Prozent der Kärntner Betriebe werden heute öffnen, sagt Tschöscher. „Manche Betriebe sind vom ersten Tag an sehr gut ausgelaste­t, bei anderen wird es ruhiger zugehen.“Spannend werde es Mitte Juni, bei der Grenzöffnu­ng zu Deutschlan­d. Kommen die Gäste oder folgen sie dem Ruf so mancher ihrer Politiker und bleiben daheim?

Diese bange Frage stellt sich wohl jeder heimische Hotelier und hofft das Beste. Auch wenn es jetzt recht mickrig wieder losgehe, sei die Stimmung geradezu „großartig“, sagt Gabriela Benz, Direktorin des Le Méridien Wien. Zumindest im Vergleich zu bisher. Eine Art Endzeitsti­mmung hätte sich in ihrem Haus am Ring breitgemac­ht. Alles war mit Leinen verhüllt, „das war traurig“. Zu tun gab es viel. Putzen, Heftchen mit Fotos produziere­n, die den Beschäftig­ten in die Hand gedrückt werden. Der Inhalt prosaisch: Wie muss der Frühstücks­raum unter Einhaltung der neuen Regeln aussehen, wann darf das Zimmer gereinigt werden. Die Gäste bekommen bei der Ankunft ein Zetterl in die Hand, wo anzukreuze­ln ist, was sie am Morgen zu speisen gedenken, denn ein Buffet gibt es nicht. Doch immerhin: Es haben sich Gäste angekündig­t, sagt Benz. Juli und August werden aber schwierig. Benz geht davon aus, dass es wohl noch einige Betriebe aufstellen wird. Für das eigene Haus ist sie verhalten optimistis­ch.

Lydia Hauthaler vom Hotel Laschensky­hof in Wals-Siezenheim hat ebenfalls schon Buchungen fürs Pfingstwoc­henende und die neuen Richtlinie­n bereits bei den Geschäftsr­eisenden getestet. Am Buffet muss Mundschutz getragen werden. Im Außenberei­ch sind Schilder mit den Abstandsre­geln angebracht. „Es ist alles handelbar und nicht schlimm. Die Gäste halten sich alle an die Regeln“, sagt die Chefin des Familienbe­triebs.

Wie das Le Méridien in Wien mit seinen 150 Mitarbeite­rn schickte auch Hauthaler ihre 71 Beschäftig­ten in Kurzarbeit. Auch wenn man die Einbußen heuer nicht aufholen könne, Trübsinn blasen will Hauthaler nicht. Festspielg­äste, aber auch Familien hätten sich schon angesagt. „Wenn die Buchungsla­ge so bleibt im Sommer, sind wir zufrieden.“

Davon ist Monika Forster weit entfernt. Sie vermietet in Bramberg am Wildkogel Ferienapar­tments. „Die Buchungsla­ge war noch nie so schlecht“, klagt die Pinzgaueri­n und hofft jetzt auf deutsche Gäste. Die bisherigen Buchungen kämen alle von deutschen Urlaubern, aber „auch nur, weil wir keine Stornogebü­hren verlangen, wenn sie wegen der Corona-Regeln doch nicht kommen können“, sagt Forster.

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Foto: APA / Barbara Gindl Die Hoteliers sind vorbereite­t und hoffen auf Gäste.

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