Regierung füllt Künstlerfonds mit 90 Millionen Euro
1000 Euro pro Monat – Umfrage belegt Verständnis für Notlage
Wien – Ab Juli sollen freischaffende Künstlerinnen und Künstler durch einen neu geschaffenen, auf sechs Monate angelegten Überbrückungsfonds monatlich 1000 Euro erhalten. Das gaben Kulturminister Werner Kogler, Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (beide Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Donnerstag bekannt. Zur Verfügung stehen 90 Millionen Euro. Anspruchsberechtigt sind jene 15.000 Künstler, die bei der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) gemeldet sind, über die die Auszahlung abgewickelt wird. All jene,di eder Überbrückungsfonds nicht erfasst, könnens ich weiterhin an denn unmodifizierten Härtefall fonds der Wirtschafts kammer sowie anden aufgestockten Künstler sozial versi ch erungsfondsw enden.
Ein Paket, das den großen Institutionen helfen soll, werde derzeit noch ausgearbeitet, so Mayer. „Wir wissen, dass der Überbrückungsfonds nur eine Ebene ist “, so die Staatssekretärin auch im Hinblick auf den Fonds für Non-Profit-Organisationen und Vereine, der mit 700 Millionen Euro dotiert ist, in der Kulturszene ebenfalls für Hilfen sorgen und am Freitag im Nationalrat beschlossen werden soll.
Vier von zehn Österreichern sind der Meinung, dass bei der Bewältigung der Coronavirus-Krise bisher mit den Kulturschaffenden nicht fair umgegangen worden sei. Das zeigt eine aktuelle Market-Umfrage für den STANDARD. Besonders ausgeprägt ist dieses Verständnis für die Notlage von freischaffenden Künstlern in der Bundeshauptstadt. (red)
Österreich ist seinem offiziellen Selbstverständnis nach eine Kulturnation – und das ist es auch im Verständnis seiner Bürgerinnen und Bürger: 34 Prozent stimmen dieser Einschätzung auf einer fünfteiligen Skala voll zu, weitere 32 Prozent geben einen Zweier. Das geht aus einer aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD hervor.
Was jedermann ins Auge springt, die Architektur, wird auch von den Befragten am bedeutendsten wahrgenommen: Der Aussage „die schönen Gebäude sind wichtig für Österreichs Identität“geben 40 Prozent einen Einser, 34 Prozent einen Zweier – Durchschnittsnote 1,91. Unmittelbar danach kommt schon das Essen und Trinken: Dass Gastronomie zu Österreichs kulturellem Erbe gehöre, ist 41 Prozent einen Einser und 30 Prozent einen Zweier wert.
DER STANDARD ließ die 814 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten weiter fragen: „Was ist Ihr Eindruck? Wurden Künstlerinnen und Künstler in den vergangenen Wochen im Vergleich mit anderen Berufstätigen benachteiligt oder wurden Künstlerinnen und Künstler so alles in allem fair behandelt?“
Darauf sagte eine relative Mehrheit von 41 Prozent, Künstler hätten in der Corona-Krise besondere Nachteile erlitten. 28 Prozent meinen, Kunstschaffende seien fair behandelt worden, der Rest der Befragten hat dazu keine Einschätzung. Auffallend ist, dass die Benachteiligung von Künstlerinnen und Künstlern besonders von der städtischen Bevölkerung, insbesondere von jener Wiens, wahrgenommen wird.
Auch die Anhängerschaften unterschiedlicher Parteien nehmen Nachteile für Kulturschaffende unterschiedlich wahr – besonders stark werden diese von SPund Grün-affinen Befragten wahrgenommen, eine überwiegend faire Behandlung sehen nur die Anhänger der ÖVP.
Stark gebremste Ausgaben
In einer gleichzeitig durchgeführten, aber von der STANDARDUmfrage in Planung und Durchführung unabhängigen MarketEigenstudie wurde erhoben, in welchen Bereichen die heimische Bevölkerung derzeit besonders spart – und dabei wurde nach Auslandsreiseplänen (58 Prozent) gleich die Kultur (47 Prozent) und die Gastronomie (45 Prozent) genannt. Als besonders sparsam bei Kultur und Unterhaltung erweisen sich die Anhänger von FPÖ und Grünen, wobei andererseits gerade unter den Grün-Wählern einzelne Befragte sagen, dass sie gerade jetzt mehr ausgeben.
Die Auswertung der für den STANDARD erhobenen Daten zeigt, dass 37 Prozent der Befragten mehr oder weniger rasch ein
Kino besuchen wollen, wenn das wieder möglich ist, 32 Prozent drängt es ins Kabarett, 29 Prozent ins Theater und jeden Vierten zu einem Pop- oder Rockkonzert.
Ob sich an der Situation der Kultur etwas ändern wird, nachdem Ulrike Lunacek durch Andrea Mayer als Staatssekretärin für Kunst und Kultur ersetzt worden ist? Dazu ließ DER STANDARD Market fragen: „Gehen Sie davon aus, dass sich mit der Bestellung der neuen Staatssekretärin die Situation für Künstlerinnen und Künstler in Österreich verbessern wird oder eher nicht?“Darauf sagten 37 Prozent, dass sich eher keine Änderung abzeichnet, 28 Prozent erwarten eine Verbesserung. Ein starkes Drittel machte keine Angaben. Wiederum ist es die Gefolgschaft von SPÖ und Grünen, die Hoffnungen in Mayer setzt.
FPÖ-Kulturverständnis
Apropos Parteipräferenzen: In der gesamten Einschätzung des Kulturbetriebs weichen zwei Gruppen deutlich von den anderen ab, nämlich die Wählerschaft der Freiheitlichen und die Gruppe der politisch derzeit Unentschlossenen. Market-Studienleiter David Pfarrhofer verweist darauf, dass es zwischen diesen Gruppen von Wahlberechtigten einen starken Austausch gibt – vielfach gelingt es der FPÖ, Wahlberechtigte quasi in letzter Minute doch noch zur Wahl zu motivieren, andererseits springen enttäuschte FPÖ-Wähler besonders leicht ab und wählen beim nächsten Wahlgang vielleicht gar nicht.
Freiheitliche und (derzeitige) Nichtwähler stimmen unterdurchschnittlich stark der Aussage zu, dass Festivals wichtig für Österreichs Tourismus seien, sie planen deutlich unterdurchschnittlich oft Theaterbesuche, wenn diese wieder möglich seien, und sie können auch nicht viel mit dem Begriff der Kulturnation anfangen.
In zwei Punkten weicht der Kulturbegriff der Freiheitlichen besonders von der allgemeinen Einschätzung (auch jener der Nichtwähler) ab: FPÖ-Wähler meinen überdurchschnittlich stark, dass Volkskultur in Österreich zu wenig Ansehen habe. Gleichzeitig sagen besonders wenige Blaue, dass sie selbst künstlerisch tätig wären, wenn auch nur als Hobby.
Und wie ist das mit der künstlerischen Freiheit? Acht Prozent der Befragten stimmen voll und ganz der Ansicht zu, dass diese in Österreich zu weit ginge, 13 Prozent geben einen Zweier. Ein Drittel der Befragten stimmt aber gar nicht, weitere 18 Prozent kaum (Note 4) zu. Hier finden die Wählerschaften der Freiheitlichen mit jenen ihres früheren Koalitionspartners ÖVP zusammen – beide Gruppen zeigen übereinstimmend eine geringere Liberalität.