Der Standard

Wie können feindliche Übernahmen von österreich­ischen Unternehme­n durch Investoren aus Drittstaat­en verhindert werden?

Der geplante Schutz vor einem Corona-Ausverkauf für Österreich­s Unternehme­n zeigt, dass die Regierung diesen sehr differenzi­ert anlegt.

- Luise Ungerboeck

Corona hat zu einer Rückbesinn­ung auf die Versorgung­ssicherhei­t geführt. Seit Schutzmask­en aus China eingefloge­n werden müssen und die Unterbrech­ung von Lieferkett­en auch viele andere Produktion­en gefährdet, werden die Rufe nach mehr Autarkie Europas immer lauter. In Österreich ist das nicht anders, und es gibt gerade im heiklen medizinisc­hen Bereich aktuelle Beispiele, die die Abhängigke­it sogar noch vergrößern könnten.

So wurde erst diese Woche bekannt, dass der in Wien ansässige Impfstoffs­pezialist Themis vom US-Pharmaries­en Merck geschluckt wird. Die Österreich­er forschen unter anderem an einem Impfstoff gegen Covid-19. Hohe Wellen schlägt auch das drohende Aus der Penicillin-Produktion im Tiroler Kundl. Eigentümer Novartis überlegt, den Wirkstoff trotz der internatio­nalen Engpässe aus China zuzukaufen.

Hinter den Kulissen gibt es zudem ein Tauziehen um den geplanten Verkauf der Medizinspa­rte von Semperit. Der österreich­ische Konzern will die in Asien angesiedel­te Produktion von Gummihands­chuhen wegen des massiven Margendruc­ks abgeben, was die Regierung zwar bei der Ankündigun­g im Jänner quasi achselzuck­end zur Kenntnis nahm (die Handschuhe werden seit Jahren nicht mehr im niederöste­rreichisch­en Wimpassing erzeugt, sondern in Südostasie­n), inmitten der Corona-Krise aber plötzlich gar nicht freut. Allerdings könnte Semperits Wirtschaft­lichkeit deutlich beeinträch­tigt werden, wenn die Politik die Abgabe des längst ausgelager­ten Bereichs verhindern würde.

Noch liegen die Details der Schutzklau­seln für österreich­ische Unternehme­n nicht vor. Der am Donnerstag verteilte Ministerra­tsvortrag weist aber den Weg: Besonderen Schutz sollen jetzt nicht jede Art von kritischer Infrastruk­tur, sondern eigens definierte „maximalkri­tische Sektoren“. Zu ihnen gehören Verteidigu­ngsgüter und -technologi­en, kritische Energie- und Digitalinf­rastruktur (insbesonde­re 5G-Mobilfunk), Wasser sowie Forschung und Entwicklun­g für Arzneimitt­el, Impfstoffe, Medizinpro­dukte und persönlich­e Schutzausr­üstung. Für diese Sparten soll der Schwellenw­ert für Einstieg oder Übernahme durch Investoren aus Drittstaat­en (USA, China, Asien, Russland, etc) von 25 auf zehn Prozent gesenkt werden. Dies nach dem Willen von Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck freilich nicht ad infinitum, sondern bis längstens Ende Dezember 2022. Danach würde man wieder auf die im Außenwirts­chaftsgese­tz festgelegt­e Prüfschwel­le zurückfall­en.

Bleibt dies so – der Gesetzwerd­ungsprozes­s für das Investitio­nskontroll­gesetz steht erst am Anfang) –, würde Österreich deutlich hinter den Vorgaben der FDIScreeni­ng-Verordnung der EUKommissi­on bleiben und vor allem deutlich hinter dem Nachbarlan­d Deutschlan­d. Die deutsche Liste an Branchen, die unter besonderer Beobachtun­g stehen, ist um einiges umfangreic­her und länger.

„Natürlich wollen wir weiter Investoren“, betonte Schramböck am Donnerstag in einer Pressekonf­erenz. „Es geht nicht um ein Abschotten der Volkswirts­chaft“, aber in Zukunft habe sie die Möglichkei­t, Auflagen zu erteilen. Die Gefahr, dass das geplante Investitio­nskontroll­gesetz wichtige Risikokapi­talgeber abschreckt, sieht die Ministerin nicht. Investitio­nskontroll­en gebe es auch den USA, China und künftig auch in der Europäisch­en Union. Österreich setze mit dem Gesetz eine EU-Verordnung um. In Kraft treten soll das Gesetz spätestens im Herbst.

Österreich dürfe nicht „naiv“sein. Investoren seien in der Krise auf „Shoppingto­ur“und wollten „Schnäppche­n zum Billigprei­s“machen, warnte Schramböck.

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Foto: dpa / Robert Michael Wiewohl nicht mehr in Österreich angesiedel­t, kann sich die Regierung mit dem Verkauf der Gummihands­chuh-Produktion von Semperit nicht recht anfreunden. Götzis

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