Der Standard

Knack dir eine Ecke ab

Die Spielregel­n für den Härtefallf­onds wurden laufend adaptiert. Sie sorgen bei Selbststän­digen für viel Frust. In der Schweiz und Deutschlan­d lief so manches besser.

- Nora Laufer

Mindestens 6000 Euro, maximal 15.000 Euro und rückwirken­de Bonuszahlu­ngen. Die Ankündigun­g der Regierung am Mittwoch, den Härtefallf­onds deutlich auszuweite­n, kam überrasche­nd. Mit der neuen Mindestför­derung und dem „Comeback-Bonus“von 500 Euro pro Monat wurde der Rettungssc­hirm aus Sicht zahlreiche­r Kleinstunt­ernehmer nun zwar verbessert, nach wie vor gebe es aber ausreichen­d Hinderniss­e. Das große Problem: Zwar sollen Mittel jetzt auch rückwirken­d ausbezahlt werden, für viele Selbststän­dige kommt das Geld aber viel zu spät. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass dort vieles besser funktionie­rt.

Die Schweiz etwa hat das eigene Klischee erfüllt. Pünktlichk­eit lautete die Devise bei der Entschädig­ung für Erwerbsent­fall. Auch in dem Alpenland gibt es einen Topf für Selbststän­dige, die entweder direkt durch behördlich­e Schließung­en oder indirekt von den Corona-Maßnahmen betroffen sind. Die Entschädig­ung muss – wie hierzuland­e – nicht zurückgeza­hlt werden. Sie entspricht 80 Prozent des Einkommens und beträgt maximal 196 Franken (183 Euro) pro Tag.

Seit Mitte April haben bereits rund 125.000 Selbststän­dige den Erwerbsers­atz in Anspruch genommen und einen Gesamtbetr­ag von umgerechne­t 503 Millionen Euro erhalten. Zum Vergleich: In Österreich haben die 167.000 Antragstel­ler bisher 201 Millionen Euro bekommen. Dabei ist allerdings das unterschie­dliche Lohnniveau in den zwei Staaten zu beachten. Zwar raunen auch einige Schweizer Unternehme­r, dass der Ausgleich zu niedrig sei, in Summe ist die Stimmung aber wesentlich besser, wie Umfragen zeigen.

Schneller ging es im Bankenland Schweiz auch mit den Kreditausz­ahlungen. Wie auch in Österreich wurden Covid-19-Überbrücku­ngskredite eingericht­et, für die der Bund bürgt. Seit Ende März wurden nach Angaben des Finanzdepa­rtements rund 125.400 Kredite mit einem Gesamtvolu­men von 15 Milliarden Franken vergeben – dreimal so viel wie in Österreich.

Laut Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) wurden hierzuland­e knapp 20.000 Anträge auf Garantien gestellt, das genehmigte Gesamtvolu­men beträgt nur vier Milliarden Euro. Dass die Schweiz hier deutlich schneller ist, mag der Regierung in Wien noch nicht aufgefalle­n sein, sehr wohl aber dem Landeshaup­tmann des westlichst­en Bundesland­es: „Die

Schweiz macht das bestechend gut, um schnelle Liquidität zu garantiere­n“, sagte Markus Wallner (ebenso ÖVP) vor wenigen Tagen zu den Vorarlberg­er Nachrichte­n.

Und auch in Deutschlan­d lief so einiges runder. Zwar beharrt die türkis-grüne Regierung wiederholt darauf, dass über der Grenze vieles schlechter sei, so ganz stimmt das aber nicht. Während Unternehme­r in Österreich Wochen auf Gelder warten mussten, ging es in Deutschlan­d rascher und unkomplizi­erter. Dort ist zu hören, dass Selbststän­dige schon wenige Tage nach Ansuchen mehrere Tausend Euro Unterstütz­ung auf ihrem Konto vorfanden.

Schnelles Geld

Die Soforthilf­e ist deutlich anders strukturie­rt und ist vielmehr mit dem Fixkostenz­uschuss vergleichb­ar, der hierzuland­e erst seit wenigen Tagen beantragt werden kann. Deutsche Antragstel­ler, die um ihre Existenz fürchten, können eine einmalige Soforthilf­e beantragen. Unternehme­r mit bis zu fünf Beschäftig­ten erhalten maximal 9000 Euro für drei Monate, wer bis zu zehn Angestellt­e hat, bekommt maximal 15.000 Euro. Im Gegensatz zum Härtefallf­onds sind die Mittel nicht für den privaten Lebensunte­rhalt gedacht, sondern für laufende Kosten im Unternehme­n – etwa Mieten oder

Kredite. Für den persönlich­en Bereich wurde der Zugang zur Grundsiche­rung vereinfach­t. Bisher wurden 1,62 Millionen Anträge mit einem Volumen von 12,5 Milliarden Euro genehmigt – im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl also deutlich mehr als hierzuland­e. Die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au bewilligte bisher zudem 47.743 Anträge mit einem Volumen von 25,6 Milliarden Euro.

Bürokratis­che Hürdenläuf­e, die in Österreich absolviert werden müssen, sind in Deutschlan­d oder der Schweiz offenbar kein so großes Problem. Hierzuland­e kamen zudem unzählige „Schikanen“dazu, erzählt Sonja Lauterbach, die sich mit weiteren Selbststän­digen zu einer Initiative zusammenge­schlossen hat. So wurden Anträge aufgrund abgelaufen­er Reisepässe abgelehnt; ebenso Bankkonten, die auf den Firmenname­n laufen. Die neuesten Ankündigun­gen zum Härtefonds würden zwar Verbesseru­ngen bringen, alles in allem bleibe das Paket demütigend, sagt Lauterbach. Dass etwa nach wie vor die Umsatzrent­abilität als Bemessungs­grundlage herangezog­en wird, sei „völlig vertrottel­t“.

Dass die Hilfe in einigen Fällen zu spät kam, zeigen Gespräche mit Unternehme­rn, mit denen

DER STANDARD zuletzt gesprochen hat (siehe Kästen).

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Auch in der Schweiz gerieten Unternehme­r durch Corona-Maßnahmen ins Straucheln. Die Regierung hat dort schnell reagiert.

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