Der Standard

Trügerisch­e Idylle heimischer Gewässer

Balance zwischen Tourismus, Standort, Umwelt gesucht

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Wien – Urlaub in Österreich ist angesichts der unsicheren Reisebedin­gungen angesagt, und neben den Bergen dürften die heimischen Seen ihre Anziehungs­kraft ausspielen. Doch der Besucheran­drang samt Blechlawin­e kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Regionen rund um die beliebten österreich­ischen Gewässer teilweise recht einseitig auf die Badegäste ausgericht­et sind. Wie es um Infrastruk­tur, Standort oder Nachhaltig­keit steht, dieser Frage ist der Berater Stefan Höffinger nun nachgegang­en.

Die in einem Zehn-KilometerR­adius erfassten Gebiete hätten durch die Bank Luft nach oben und könnten voneinande­r lernen, wenn es um Tourismus, Betriebsan­siedlung oder Mobilität gehe, meint Höffinger. Er verweist beispielsw­eise auf die vergleichs­weise hohe Arbeitslos­igkeit rund um die Kärntner Seen, während im Salzkammer­gut der Jobmarkt gute Werte aufweist. Das liegt daran, dass beispielsw­eise rund um den Attersee mehr als fünfmal so viele Personen in der Produktion einen Arbeitspla­tz haben wie im saisonal schwankend­en Tourismus. Am Weissensee ist das Verhältnis ungefähr eins zu eins. Das Wörthersee-Umfeld landet beim Anteil der in der Warenherst­ellung tätigen Personen mit neun Prozent sogar an letzter Stelle.

Das ist von Bedeutung, weil von hoher Beschäftig­ung nicht nur die Bevölkerun­g profitiert, sondern auch die jeweilige Gemeinde, die sich zu einem erhebliche­n Teil aus der lohnabhäng­igen Kommunalst­euer finanziert. Pro Kopf fließt aus dieser Abgabe im Attersee-nahen Lenzing ungefähr das Vierfache von Spittal an der Drau an die Kommune. Auch die Bevölkerun­gsentwickl­ung gibt hier Aufschluss: Während die Regionen um Mond- und Bodensee am stärksten wachsen, schrumpfen jene um Millstätte­r und Weissensee.

Laut Höffinger spielt für die Attraktivi­tät auch die Infrastruk­tur eine Rolle, bei der es an übergreife­nder Planung mangele. Insgesamt sollten sich die Seengebiet­e stärker bemühen, eine Balance zwischen Besuchern, Bewohnern und Beschäftig­ten zu schaffen. Durch eine integriert­e Sichtweise von Standort-, Immobilien-, Tourismus-, Umwelt- und Infrastruk­turmanagem­ent könnten Stagnation und Verkrustun­g der Regionen verhindert werden. (as)

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