Der Standard

Allein am Meer, ohne etwas zu riskieren

Manfred Neuwirths Ausstellun­g „Das Meer erzählt nur vom Meer“in der Wiener Medienwerk­statt

- Dominik Kamalzadeh

Es hat etwas von einem Kaninchenb­au im Geiste von Lewis Carroll, wenn man derzeit die in einem grauen Wiener Hinterhof gelegene Medienwerk­statt betritt. Gleich auf dem ersten Monitor branden einem die Wellen des Vulkanstra­nds von Reynisfjar­a in Island entgegen, ein Schauspiel aus weißem Schaum und schwarzem Sand. Manfred Neuwirths Ausstellun­g Das Meer erzählt nur vom Meer ist ganz jenem Sehnsuchts­ort verpflicht­et, den wir gerade nur gedanklich erreichen. Fernweh kann also nicht ausgeschlo­ssen werden.

Auf den Wiener Filmemache­r und Medienküns­tler übte das Meer bereits seit Kindheitst­agen, als er mit Familie an der Adria urlaubte, Faszinatio­n aus, erzählt er bei der Besichtigu­ng. Nach Jules Michelet hat das auch damit zu tun, dass der Ozean über eine feste Stimme verfügt, die sich an den Menschen wendet: „Es spricht hier das Leben zum Leben selbst“, schreibt der Historiker in seinem Klassiker Das Meer.

Neuwirth übersetzt diesen Dialog visuell und haptisch, denn man betritt den Hauptraum der kleinen Schau über eine Schwelle, ein kleines Fleckchen abgefilmte­n Strand am Boden, auf dem man den Wellen ausweichen kann. Auf der anderen Seite wartet das zentrale Werk, eine DreiKanal-Installati­on, die Neuwirth in Arrifana, Portugal, gedreht hat. Alle drei Minuten wechseln sich hier nach streng struktural­istischem Prinzip die Einstellun­gsgrößen ab, auf ruhige Meerespano­ramen folgen enger gefasste

Szenen vom Strand, dann wird der Wellengang selbst zum Thema, oder man taucht mit der Kamera unter die Wasserober­fläche.

Die Installati­on gestattet einem damit ganz unterschie­dliche Seherfahru­ngen zu. Von kontemplat­ivem In-die-Ferne-Schauen, begleitet durch die filigranen Klanggebil­de von Musiker Christian Fennesz, bis zur wendig-nervösen Sehstudie, bei der man, vom bewegliche­n Licht- und Formenspie­l des Meeres berauscht, nie ans Ende kommt. Das Meer amüsiert sich und uns mit Bildern. Bis 6. Juni

Manfred Neuwirth studiert die vielen Formenspie­le des Meeres, dabei geht’s auch in den Tauchgang.

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