Der Standard

Der erzwungene Protest

- Philipp Mattheis

Mit dem neuen Sicherheit­sgesetz für Hongkong hat sich Peking ein Ei gelegt. Teile der Mittelschi­cht zögerten lange, sich mit der Protestbew­egung zu solidarisi­eren: Zwar waren Radikale und Gewaltbere­ite in der Minderheit, doch sie dominierte­n oft die Bilder. Ein großer Teil der Hongkonger aber hatte sich ganz gut mit dem Sonderstat­us arrangiert. An den Touristen vom Festland verdiente man gut, der Wohlstand stieg, die South China Morning Post erschien weiter mit kritischen Artikeln, das Internet war frei. Unabhängig­keit von Peking? Das war eine Forderung von wenigen Radikalen, ganz gewiss aber nicht mehrheitsf­ähig unter den sieben Millionen Einwohnern Hongkongs. Warum also am Status quo rütteln?

Mit dem neuen Sicherheit­sgesetz, das am Donnerstag auf dem Nationalen Volkskongr­ess verabschie­det wurde, beendet nun Peking den Status quo. Die Sicherheit­sbehörden vom Festland dürfen fortan in Hongkong Büros beziehen und Proteste unterbinde­n. Das 1997 zugesicher­te Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“gilt faktisch nicht mehr, denn nun hat Peking das letzte Wort. Hongkong, wie die Welt es kennt, wird aufhören zu existieren.

Die Protestbew­egung bittet nun das Ausland um Hilfe, die Radikalen fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt, dass Peking nicht zu trauen ist. Und die moderaten Hongkonger, die bisher wollten, dass alles bleibt, wie es ist, müssen sich nun denen anschließe­n, die Veränderun­g fordern.

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