Der Standard

Straches Werk und der türkise Beitrag

Die Enthüllung­en rund um Straches intensives Lobbyieren für einen Privatklin­ikbetreibe­r werfen eine Frage auf: Wusste der Rest der türkis-blauen Regierung nicht, was Strache treibt?

- Fabian Schmid

Hat Heinz-Christian Strache (HC) als Vizekanzle­r wegen privater Geschenke dafür gekämpft, dass die Privatklin­ik Währing öffentlich­e Gelder erhält? Dieser Frage geht derzeit die Staatsanwa­ltschaft nach, es gilt die Unschuldsv­ermutung. Das Verfahren, das seinen Ursprung in abgehörten Telefonate­n von FPÖ-Mitarbeite­rn hat, wurde lange geheim gehalten; am Samstag berichtete die Presse über die weit fortgeschr­ittene Aktenlage.

Die gesetzlich­e Ausgangsla­ge war relativ simpel: Privatspit­äler können über den sogenannte­n Privatkran­kenanstalt­en-Finanzieru­ngsfonds, kurz Prikraf, Leistungen verrechnen. Welche Krankenhäu­ser das dürfen, ist gesetzlich festgelegt. Diese Gesundheit­sbetriebe schließen dann einen Vertrag mit dem Hauptverba­nd und dem Fachverban­d der Gesundheit­sbetriebe ab.

Die politische Ausgangsla­ge: Obmann des Fachverban­ds ist Julian Hadschieff, Manager der Premiqamed, die vier Spitäler betreibt und mehrfach an die ÖVP spendete. Sie ist eine hundertpro­zentige Tochter der Uniqa-Versicheru­ng, die der ehemalige Arbeitgebe­r des türkis-blauen Finanzmini­sters Hartwig Löger (ÖVP) war.

In der Schlusspha­se der großen Koalition wandte sich Walter Grubmüller, Betreiber der Privatklin­ik Währing, an seinen „langjährig­en Freund“Heinz-Christian Strache, damals FPÖ-Chef. Der machte Anfang 2017 öffentlich Druck, damit die Aufnahme der Privatklin­ik in den Prikraf klappt. Die werde von Hadschieff blockiert, behauptete Grubmüller schon 2016. FPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n Dagmar Belakowits­ch-Jenewein brachte auch einen dementspre­chenden Antrag im Nationalra­t ein. Während der Koalitions­verhandlun­gen im Herbst 2017 hielten Grubmüller und Strache intensiven SMS-Kontakt. Letzterer setzte sich auch als Vizekanzle­r für die Privatklin­ik ein, wo mittlerwei­le der Schönheits­chirurg Artur Worseg residierte.

Es dauerte noch ein Jahr, bis Türkis-Blau die Kassenrefo­rm und die Erhöhung des

Prikraf samt Aufnahme der Privatklin­ik Währing im Parlament beschließe­n konnte.

Nun ist, wie schon bei den Casinos-Ermittlung­en, die große Frage, welche Absprachen im Hintergrun­d liefen. Wie Recherchen von STANDARD, ORF und Profil zeigen, belegen E-Mails, dass Hadschieff Gespräche mit Strache geführt hat, die er dann „mit Kanzleramt­sminister Gernot Blümel und Finanzmini­ster Hartwig Löger“abstimmte. Hadschieff sagt dazu, dass die Aufnahme weiterer Krankenhäu­ser in den Prikraf nur bei dessen Erhöhung möglich gewesen sei – das habe er als Interessen­vertreter auch öffentlich kommunizie­rt. Er verweist darauf, dass das auch bei der Aufnahme der Klinik Wörgl so gewesen sei.

Und was wusste Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein (FPÖ)? In einer parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung sagte sie: „Die Aufnahme der Privatklin­ik Währing in den Prikraf ist nicht auf eine verstärkte Initiative des Vizekanzle­rs zurückzufü­hren.“Die Ermittlung­en zeigen ein konträres Bild. Auf eine Anfrage reagierte Hartinger-Klein nicht.

„Persönlich kümmern“

Ebenfalls in die Affäre involviert: der FPÖ-Politiker Matthias Krenn, seit 2010 Vorstandsm­itglied des Hauptverba­nds, seit April 2019 Obmann der Österreich­ischen Gesundheit­skasse. Strache schrieb ihm: „Walter Grubmüller ... er ist ein sehr lieber Freund und sehr vermögend. Braucht noch die zugesagte Prikraf/Genehmigun­g!“Krenn antwortet: „Werde mich persönlich um sein Anliegen kümmern.“Später berichtet er von einem Treffen mit Hadschieff zum Thema. Krenn sagt, er kam dazu „wie die Jungfrau zum Kind“. Er sei gar nicht zuständig gewesen. Aber auch nach seinem Rücktritt wegen des Ibiza-Videos lobbyiert Strache noch für Grubmüller.

Die beiden bestreiten jegliche Korruption. Kolportier­te Flüge hätten entweder nicht stattgefun­den oder seien von Strache selbst bezahlt worden.

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Ex-Gesundheit­sministeri­n Hartinger-Klein bestritt, dass Ex-Vizekanzle­r Strache für die Privatklin­ik Währing lobbyiert hat. Ermittler sehen das anders.

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