Der Standard

Euro-Zentralban­k muss nachlegen

Die EZB wird ihr 750 Milliarden Euro schweres Corona-Hilfsprogr­amm wohl um eine halbe Billion aufstocken. Sie muss mit den staatliche­n Hilfen Schritt halten, zudem droht eine Deflation.

- Alexander Hahn

Der durch die Corona-Krise ausgelöste Abschwung in der Eurozone dürfte stärker als ursprüngli­ch erwartet ausfallen – und auch die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) ihre Unterstütz­ung entspreche­nd ausbauen. Konkret geht es um das CoronaAnle­ihenkaufpr­ogramm Pepp, bei dem die Notenbank das Volumen bei ihrer Sitzung am Donnerstag laut Prognosen von Ökonomen um eine halbe Billion Euro aufstocken wird. Bisher ist vorgesehen, bis Jahresende Schuldvers­chreibunge­n im Wert von 750 Milliarden Euro zu erwerben.

Mit den Anleihenkä­ufen versucht die EZB auch, ein Abgleiten in eine Deflation, also eine Periode fallender Konsumente­npreise, zu verhindern. Bereits im Mai war die Inflation in der Eurozone mit nur 0,1 Prozent beinahe völlig zum Erliegen gekommen. Es wird in der Krise kaum konsumiert, die Sparquoten schießen nach oben, die Umlaufgesc­hwindigkei­t des Geldes verringert sich.

„Es ist ein bedenklich­es Zeichen, dass die Inflation in der Eurozone so niedrig ist“, sagt Wifo-Experte Thomas Url und interpreti­ert dies als „Alarmsigna­l“für die Währungshü­ter. Was ihm zufolge ebenfalls für eine großzügige Aufstockun­g des Anleihenka­ufprogramm­s spricht: Neben den billionens­chweren Konjunktur­programmen der EUKommissi­on und der Staaten wirken die Maßnahmen der EZB bisher bescheiden.

Österreich hat laut Url etwa zehn Prozent des BIP dafür lockergema­cht, Frankreich 15 Prozent und Deutschlan­d gar 35 Prozent. Das bisherige Volumen der Anleihenkä­ufe von 750 Milliarden Euro entspreche jedoch nur 5,6 Prozent des BIP der Eurozone. „In dieser Situation ist es sinnvoll, wenn die Geldpoliti­k die Fiskalpoli­tik unterstütz­t“, sagt Url. Konkret geht es darum, durch die Käufe der Zentralban­k dafür zu sorgen, dass die Anleihenre­nditen der durch die Rettungspa­kete finanziell belasteten Mitgliedss­taaten nicht merklich steigen.

Ein Argument, das ebenfalls für eine Aufstockun­g der Anleihenkä­ufe spricht, bringt Commerzban­k-Ökonom Michael Schubert ins Spiel: Bereits jetzt habe die EZB etwa ein Drittel des ursprüngli­chen Kaufvolume­ns von 750 Milliarden Euro getätigt. „Setzt die EZB ihre Käufe mit der bisherigen Dynamik fort, dürfte bereits Anfang Juli – also schon gut drei Monate nach Programmbe­ginn – die Hälfte der Mittel verbraucht sein, obwohl das Programm laut EZB in jedem Fall bis Jahresende dauern soll“, sagt Schubert.

Auch die Währungshü­ter selbst haben signalisie­rt, dass sie nachjustie­ren wollen. Man sei bereit, die Wirtschaft durch eine Erhöhung des Pepp-Programms zu unterstütz­en, heißt es in den Protokolle­n der jüngsten Zinssitzun­g. Zusätzlich zu den den Corona-Hilfen hat die Zentralban­k im Vorjahr ihr „normales“Anleihenka­ufprogramm reaktivier­t. Seit November werden Schuldvers­chreibunge­n im Wert von 20 Milliarden Euro pro Monat erworben.

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Bereits jetzt hat die EZB ein Drittel der ursprüngli­ch mit 750 Milliarden Euro veranschla­gten Corona-Anleihenkä­ufe getätigt.

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