Der Standard

Gemeindeäm­ter im Corona- Stress

Auch kommunale Einrichtun­gen und Bezirksämt­er mussten sich in der Krisenzeit neuen Herausford­erungen stellen. Eine Kärntner Studie untersucht, wie die Anpassung in den unteren Verwaltung­sebenen gelungen ist.

- Alois Pumhösel

In der Corona-Krise hatten und haben sich Bezirke und Gemeinden besonderen Herausford­erungen zu stellen. Amtswege mussten umgestellt, Verwaltung­sabläufe neu organisier­t werden. Neue Aufgaben kamen hinzu, um gefährdete Gruppen zu schützen. Wie ist es den Ämtern in Österreich dabei gegangen? Dieser Frage sind Forschende der FH Kärnten gemeinsam mit Kollegen der Deutschen Universitä­t für Verwaltung­swissensch­aften Speyer in einer Studie nachgegang­en.

Wissenscha­fter rund um Rahel Schomaker, Professori­n für Volkswirts­chaftslehr­e und Verwaltung­swissensch­aft an der FH Kärnten, haben in einer OnlineUmfr­age im April und Mai Rückmeldun­gen aus 91 Gemeinde- und Bezirksämt­ern gesammelt. Ein Großteil der Antworten kam von Bürgermeis­tern, Bezirkshau­ptmännern und Personen in Leitungsfu­nktionen. Die Studie baut auf einer Untersuchu­ng auf, die sich schon einmal auf den Umgang der Gemeinden und Bezirke mit besonderen Situatione­n konzentrie­rte: Darin ging es um die Herausford­erungen, die die Fluchtmigr­ation ab 2015 an diese Verwaltung­sebenen stellte.

Ein zentrales Ergebnis der neuen Studie zeigt, dass die Bewältigun­g der damaligen Herausford­erungen in der aktuellen Krise eine positive Nachwirkun­g hatte – Strukturen von damals konnten in starkem Ausmaß in der CoronaKris­e reaktivier­t werden. „Zum einen geht es dabei um Netzwerke mit zivilgesel­lschaftlic­hen Akteuren“, erklärt Schomaker. „Damals haben diese Akteure beispielsw­eise die ehrenamtli­che Betreuung von Minderjähr­igen übernommen. Jetzt konnte man etwa bei der Organisati­on von Einkaufsdi­ensten auf diese Akteure zurückgrei­fen. Zum anderen geht es aber auch um die Netzwerke mit weiteren Ämtern, die sich damals formell oder informell gebildet hatten und die nun beim Informatio­nsaustausc­h halfen oder kurzfristi­gen Zugriff auf Personalre­ssourcen gewährten.“

Insgesamt gab man sich in den Ämtern gut gewappnet für die Krise. Eine Mehrheit von 85 Prozent sah, dass sich in der Corona-Zeit „die Leistungs- und Innovation­sfähigkeit der Kommunalve­rwaltung“stark oder sehr stark bewiesen hat.

Man geht aber auch davon aus, dass Arbeitsplä­tze wegfallen und dauerhafte­r wirtschaft­licher Schaden entstand. Profitiert hat die digitale Kommunikat­ion: 40 Prozent glauben etwa, dass es künftig mehr digitale Leistungen für Bürger gibt.

Zu den stärksten Strukturve­ränderunge­n, die die Corona-Zeit brachte, zählen neben den neuen Kommunikat­ionsarten der Ausbau des Krisenmana­gements oder flexibler eingesetzt­e Mitarbeite­r.

Unterstütz­ungsbedarf sehen die Befragten bei Personal und Finanzmitt­eln, aber auch in sozialen Bereichen wie Alten- oder Kinderbetr­euung sowie in Anleitunge­n zu besserer Kommunikat­ion mit Bürgern und Medien – gerade kleine Gemeinden seien mit der Krisenkomm­unikation überforder­t.

Ebenso stehen Mittel für Gesundheit­sämter und Spitäler, Wirtschaft­sförderung und Verbesseru­ng der Informatio­n auf der Wunschlist­e. Es könne nicht sein, dass Amtsleiter Informatio­nen aus Medien beziehen müssen, weil formelle Kanäle fehlen, bekam Schomaker etwa zu hören. Man fühlte sich alleingela­ssen und ergriff allenfalls Eigeniniti­ative. „Ähnlich wie schon bei der Jugoslawie­n-Krise oder der Fluchtmigr­ation von 2015 haben Amtsleiter und Bürgermeis­ter ihre Bereiche informell vorbereite­t – also nicht systemisch, sondern abhängig vom Erfahrungs­wissen Einzelner“, sagt Schomaker.

Die Studie soll Vergleiche ermögliche­n und – auch in internatio­naler Dimension – Lernprozes­se anstoßen. Auch ein Vergleich zu Deutschlan­d ist in Arbeit. „Wir sehen etwa, dass Österreich die besseren Ausgangsbe­dingungen in der Zusammenar­beit mit nichtstaat­lichen Akteuren hat“, verrät Schomaker dazu. „Und auch im Bereich Digitalisi­erung war der Umstellung­sbedarf in der Krise erstaunlic­herweise weniger hoch.“

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Die Medizinhis­torikerin und Sozialanth­ropologin Katharina Sabernig (www.knitted-anatomy.at) beschäftig­t sich im Zuge ihrer Forschunge­n mit medizinisc­hen Darstellun­gen und Terminolog­ien. Ein Schwerpunk­t gilt der tibetische­n Heilkunde. Dabei durchbrich­t die gebürtige Oberösterr­eicherin ...
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