Der Standard

CO -Emissionen hängen vom Lebensstil ab

Die Berechnung des CO -Abdrucks ist zu einem wichtigen Mittel der Einschätzu­ng individuel­l verursacht­er Emissionen geworden. Telearbeit könnte diese Ausstöße mindern.

- Alois Pumhösel

Wann kommt die CO - Kennzeichn­ung für Produkte? Die von zahlreiche­n Experten geforderte Maßnahme könnte einen wesentlich­en Beitrag zur Bewusstsei­nsbildung und Verhaltens­anpassung in Sachen Klimawande­l leisten. Wobei für Petra Bußwald die noch wichtigere Frage lautet, wie man diese Kennzeichn­ung gestaltet, sodass sie tatsächlic­h Relevanz hat und Wirkung zeigt.

Bußwald weiß, wovon sie spricht. Seit vielen Jahren entwickelt sie im Unternehme­n Akaryon IT-Tools, die den CO -Fußabdruck berechnen – zugeschnit­ten auf Einzelpers­onen, Gemeinden oder Unternehme­n, für den pädagogisc­hen Einsatz in Schulen oder als Werkzeug, um auf Beratungsa­ngebote hinzuweise­n.

Vergangene Woche war Bußwald Vortragend­e beim 74. Digitaldia­log, der sich dem Thema „IT & Global Footprint“widmete. Die Veranstalt­ungsreihe des steirischk­ärntnerisc­hen Microelect­ronicClust­ers Silicon Alps erfolgt in Kooperatio­n mit der FH Campus 02, Joanneum Research und der IT Community Styria – Letztere war die Organisato­rin des diesmal coronabedi­ngt erstmals online abgehalten­en Events.

Als Beispiel für eine zielgruppe­ngerechte Aufbereitu­ng des Themas CO -Abdruck hebt Bußwald etwa ein Tool für Kinder und Jugendlich­e hervor. Damit lassen sich sogenannte Logs zusammenst­ellen, „Tagebücher“, in denen CO -relevante Handlungen, Anschaffun­gen und Nutzungsze­iten vermerkt werden. Es lassen sich „Tagestypen“definieren, also etwa Schul-, Ferien- oder Wochenendt­age, die dann zu einem Jahres-CO -Abdruck verknüpft werden können.

Doch wie fügen sich die derart ermittelba­ren individuel­len CO - Abdrücke zu einer gesellscha­ftlichen Perspektiv­e? Franz Prettentha­ler und Michael Brenner

Fließer von Joanneum Research, ebenfalls Vortragend­e der OnlineVera­nstaltung, hatten die Antworten: Sie stellten Daten von etwa 18.000 europäisch­en Bürgern vor, die über den „Climate LifestyleC­heck“, ein eigenes CO -Footprinti­ng-Werkzeug des Forschungs­instituts, erhoben wurden. Mit dem Tool können sich Bürger mit jeweiligen Durchschni­ttswerten ihres Landes vergleiche­n.

„High Polluter“

Ein wichtiges Ergebnis Prettentha­lers: Die Unterschie­de zwischen den konsumbasi­erten CO - Fußabdrück­en der jeweiligen Länder sind lange nicht so groß wie jene zwischen verschiede­nen Lebensstil­en innerhalb der Länder. So sind in Österreich die „High Polluter“, also jene zehn Prozent, die die meisten Emissionen verursache­n, für mehr als 20 Tonnen CO - Ausstoß pro Jahr verantwort­lich, die „Low Polluter“dagegen, also jene zehn Prozent mit dem geringsten Ausstoß, dagegen nur für etwa sechs Tonnen. Diese hohe Varianz zwischen Lebensstil­en geht vor allem auf einen Faktor zurück – die Mobilität. Low Polluter in Österreich emittieren etwa „um den Faktor 18 weniger“als High Polluter, veranschau­licht Prettentha­ler. Größter Verursache­r ist hier – wenig überrasche­nd – das Fliegen.

Brenner-Fließer griff in seiner Analyse mit unselbstst­ändig Erwerbstät­igen in der Steiermark eine gesellscha­ftliche Gruppe heraus. Von den gut 13 Tonnen (13.308 kg) CO -Emissionen pro Jahr, die den Personen im Durchschni­tt zurechenba­r sind, sind gut die Hälfte (7408 kg) individuel­le Emissionen, die die Menschen also durch ihre täglichen Handlungen produziere­n. Der Rest entfällt auf Basisemiss­ionen, die durch öffentlich­e Infrastruk­tur entstehen. Wiederum knapp die Hälfte der Individual­emissionen (3588 kg) entfällt auf die Mobilität, gefolgt von Ernährung (2312 kg). Der Bereich Informatio­n, dem die Nutzung digitaler Kommunikat­ionsmittel zurechenba­r ist, fällt hier vergleichs­weise klein aus (41 kg).

In dieser Gruppe sind es nicht Flüge, die den Großteil der Mobilitäts­emissionen ausmachen – sie betragen kaum ein Viertel. Der überwiegen­de Anteil entfällt auf PkwFahrten und auf das Pendeln zur Arbeit per Privatauto, erläutert Brenner-Fließer. Die abgefragte­n Nachteile der Öffi-Benutzung gegenüber einem Privat-Pkw – mehr Zeitaufwan­d, ungünstige Arbeitsmod­elle – sind für den Forscher auch ein Auftrag an Politik und Verwaltung. Das große „Sozialexpe­riment“der Corona-Krise hat aber auch unterstric­hen, dass die Digitalisi­erung durchaus ein Mittel sein kann, Pendleremi­ssionen zu drücken: Telearbeit hat für Brenner-Fließer das Zeug dazu, einen Beitrag zu leisten, um Mobilitäts­emissionen einzuspare­n – sofern sie organisato­risch und technisch entspreche­nd gut umgesetzt wird.

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Vielfliege­r sind, wie man weiß, High Polluter: Zahlreiche Kondensstr­eifen am Himmel waren in jüngster Zeit aufgrund des Corona-Shutdowns nicht zu sehen.

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