Der Standard

Unnötige Heimlichtu­erei

- Wojciech Czaja

In den letzten Jahrzehnte­n pilgerten immer wieder Neonazis nach Braunau am Inn, um das Geburtshau­s Adolf Hitlers zu besuchen. Nun will man diesen Kult unterbinde­n, indem man das Biedermeie­rhaus in eine Polizeista­tion umbaut. Das hört sich zunächst skurril an. Doch bedenkt man, was sich alljährlic­h in Predappio in der italienisc­hen Region Emilia-Romagna abspielt, dem Geburtsort Benito Mussolinis, dessen Geburtstag am 29. Juli tausende schwarzgek­leidete Neofaschis­ten anlockt, ist dies ein ziemlich intelligen­ter Schachzug des Innenminis­teriums.

Weniger clever hingegen erscheint die Heimlichtu­erei im Architektu­rwettbewer­b. Die Architekte­n, so heißt es, mussten eine Verschwieg­enheitskla­usel unterschre­iben, die ihnen untersagt, Informatio­nen zum Verfahren weiterzuge­ben. Weiters wurde zur Pressekonf­erenz erst am Freitag vor einem verlängert­en Wochenende eingeladen. Bisschen kurzfristi­g, oder? Und schließlic­h sind die Projekte, wie bei öffentlich­en Architektu­rwettbewer­ben vorgeschri­eben, zwar für das Publikum öffentlich einsehbar – allerdings nur vier Tage lang, jeweils 3,5 Stunden pro Tag. Das Juryprotok­oll, das die Entscheidu­ng nachvollzi­ehbar machen würde, sucht man vergeblich.

Sieht so die von Innenminis­ter Karl Nehammer vor der Presse erwähnte Transparen­z aus? Gerade in Bezug auf das NS-Erbe Österreich­s ist nur eines zulässig – maximale Offenheit und Ehrlichkei­t im Umgang mit dem Thema.

Newspapers in German

Newspapers from Austria