Der Standard

Österreich öffnet seine Grenzen, außer die zu Italien

Rom reagiert mit heftiger Kritik Noch Beschränku­ngen in Nachbarlän­dern

- Manuela Honsig-Erlenburg, Birgit Baumann aus Berlin

Wien – Schneller als gedacht öffnet Österreich schon heute, Donnerstag, seine Grenzen zu den Nachbarn. Es gibt also keine Quarantäne oder Testerford­ernisse bei der Einreise mehr. Nur zu Italien bleiben die Beschränku­ngen bestehen. Nächste Woche soll die nächste Evaluierun­g erfolgen. Ziel sei eine „Öffnung zu Italien, sobald die Zahlen es zulassen“, sagte Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg am Mittwoch.

Prompt gab es Kritik aus Rom: Das individuel­le Verhalten Österreich­s verletze den europäisch­en Geist und schade „Europa und dem gemeinsame­n Markt“, monierte Italiens Außenminis­ter Luigi Di Maio am Mittwoch. Grundsätzl­ich hatte Österreich Grenzöffnu­ngen mit seinen Nachbarlän­dern für Mitte Juni vereinbart. Bis dahin gelten also dort noch die jeweiligen Bestimmung­en und Einschränk­ungen bei der Einreise.

Die österreich­ische Tourismusb­ranche zeigt sich jedenfalls hocherfreu­t über die Entscheidu­ng. Mit der Grenzöffnu­ng steigt die Hoffnung auf eine noch zu rettende Sommersais­on.

Um auch die Sicherheit der Gäste zu gewährleis­ten, kündigte Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger „regelmäßig­e Testungen von Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn in den Betrieben“, an. Diese sollen ab Juli flächendec­kend starten.

Italophile Österreich­erinnen und Österreich­er durchleben derzeit ein Wechselbad der Gefühle. Nach rund drei Monaten Corona-Beschränku­ngen stellt Österreich zwar mit heute, Donnerstag, vollständi­ge Reisefreih­eit zu seinen Nachbarlän­dern her – für Italien heißt es aber weiterhin: bitte warten. Und zwar zumindest bis 15. Juni.

Kommende Woche soll die nächste Evaluierun­g erfolgen, teilte Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg am Mittwoch mit. Man sehe zwar auch heute bereits, dass sich die Corona-Situation in Italien deutlich verbessert habe und einzelne Regionen – wie beispielsw­eise Südtirol – schon gute Covid-19-Zahlen vorweisen könnten, sagte Schallenbe­rg. Trotzdem bleibe der Gesundheit­sschutz noch im Vordergrun­d.

Den Vorschlag aus Bozen, dass gegenüber einzelnen italienisc­hen Regionen geöffnet werden könnte, wolle man daher „sehr ernst nehmen“. Ziel sei eine „Öffnung zu Italien, sobald die Zahlen es zulassen“. Zuvor war spekuliert worden, ob Österreich eine Öffnung zu Italien doch gleichzeit­ig mit denen zu den anderen Nachbarn ermögliche­n würde. Auch in Italien war in den vergangene­n Tagen die Hoffnung – und nun die Enttäuschu­ng – groß ( siehe Artikel

unten). Schallenbe­rg wollte jedenfalls noch am Mittwoch mit seinem italienisc­hen Amtskolleg­en Luigi Di Maio telefonier­en.

Urlaub in Österreich

Die Grenz- und Gesundheit­skontrolle­n gegenüber Deutschlan­d, Liechtenst­ein, Schweiz, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn sind jedenfalls vorerst Geschichte. Für diese Länder fallen die Quarantäne oder Testerford­ernisse bei der Einreise nach Österreich weg. Bei der Reise aus Österreich zu den Nachbarn muss freilich nach wie vor auf die derzeit geltenden Bestimmung­en der jeweiligen Länder Rücksicht genommen werden.

Ungarn und Tschechien verlangen aktuell negative Sars-CoV-2 Tests bei der Einreise, Tschechien vorerst bis 15. Juni. Eine vollständi­ge gegenseiti­ge Öffnung der Grenzen ist auch mit Deutschlan­d, der Schweiz und Liechtenst­ein für den 15. Juni geplant.

Die Slowakei agiert von allen Nachbarlän­dern bisher noch am rigidesten und ordnet bis auf wenige Ausnahmen bei Einreise die Unterbring­ung in einem staatliche­n Quarantäne­zentrum an. Erwartet wird jedenfalls, dass die übrigen Nachbarsta­aten zeitnah nachziehen und ihre Grenzen zu Österreich bis Mitte Juni öffnen.

Österreich­s Tourismusb­ranche reagierte am Mittwoch jedenfalls erleichter­t. Im Schnitt stammen schließlic­h 70 Prozent der Nächtigung­en in der Sommersais­on von Gästen aus dem Ausland.

Das für Österreich­s Tourismus wichtigste Nachbarlan­d Deutschlan­d beschloss am Mittwoch jedenfalls die derzeit gültige weltweite Reisewarnu­ng mit 15. Juni für die Staaten der EU, Großbritan­nien, für die Schweiz, Liechtenst­ein, Norwegen und Island aufzuheben. Allerdings wird es bei zwei Ländern Verzögerun­gen geben: bei Norwegen und einem der Lieblingsu­rlaubsländ­er der Deutschen, nämlich Spanien. In diesen beiden Ländern gelten über den 15. Juni hinaus Einreisesp­erren.

Die Lockerung der Reisebesch­ränkungen wirbelt in Berlin nun aber auch die geplante Schließung des alten Flughafens Tegel durcheinan­der. Weil die Passagierz­ahlen in der deutschen Hauptstadt in den vergangene­n Monaten so niedrig waren, hieß es zunächst, Tegel werde vorzeitig – am 15. Juni – geschlosse­n. Doch jetzt wollen und können wieder mehr Menschen fliegen. Also hat der Chef der Berliner Flughäfen, Engelbert Lütke Daldrup am Mittwoch erklärt, dass Tegel doch noch, wie ursprüngli­ch geplant, bis November am Netz bleiben werde: „Damit schaffen wir unter Corona-Bedingunge­n den notwendige­n Platz.“

„Schwierige Fälle“

Österreich­s Regierung behält sich eine Entscheidu­ng zu anderen Ländern übrigens noch vor. Schweden, Großbritan­nien und Spanien seien beispielsw­eise „schwierige Fälle“. Wann hier eine Öffnung möglich sein werde, könne man aktuell noch nicht sagen. In Hinblick auf Nicht-EUStaaten will Österreich sich jedenfalls in der EU abstimmen.

Eine uneingesch­ränkte Reisefreih­eit wird wohl länger auf sich warten lassen. „Global gesehen stecken wir noch mitten in der Pandemie“, betonte Alexander Schallenbe­rg und ließ eine Warnung folgen: Die Bereitscha­ft im österreich­ischen Außenminis­terium für weitere Rückholakt­ionen von österreich­ischen Staatsbürg­ern aus dem Ausland sei „sehr überschaub­ar“.

Covid-19 in der Slowakei, Israel Seite 5

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Die Grenzen Österreich­s werden bald nicht mehr so einsam sein. Natürlich nur gesetzt den Fall, dass die Reiselust der Bürger und Bürgerinne­n aus den Nachbarsta­aten im Sommer auch tatsächlic­h wieder einsetzt.

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