Der Standard

Razzia in Maskenshop, wo auch öffentlich­e Stellen einkauften

In zwei Shops in Wien und online wurden Schutzmask­en verkauft, die nicht ausreichen­d zertifizie­rt wurden – offenbar auch an öffentlich­e Stellen. Am Mittwoch wurden dutzende Kartons bei einer Razzia beschlagna­hmt.

- Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl

Wien – Bei einer Razzia in zwei Pop-up-Shops in Wien wurden nach einer Anzeige dutzende Kartons voller Schutzausr­üstung beschlagna­hmt. Es besteht der Verdacht, dass dort verkaufte Atemschutz­masken nicht ausreichen­d zertifizie­rt gewesen seien, auch gewerberec­htliche Probleme soll es geben. In den Shops oder auf der dazugehöri­gen Website kaufte etwa die Universitä­tszahnklin­ik Wien, eine Tochterges­ellschaft der Med-Uni Wien, ein. Noch am Mittwoch stoppte sie die Ausgabe der 5000 Masken. Die Niederöste­rreichisch­e Landesgesu­ndheitsage­ntur vermutet hingegen, dass jene 25.000 FFP2-Masken mit Ventil, die sie dort gekauft hatte, mittlerwei­le aufgebrauc­ht wurden. (red)

Sie galten als Retter während des Schutzmask­enengpasse­s für Privatpers­onen ebenso wie für manche öffentlich­e Stellen. Mitten in der Pandemie, als ganze Staaten den internatio­nalen Markt abgrasten, als Lieferunge­n von bewaffnete­n Securitykr­äften begleitet und Geldkoffer den Besitzer wechselten, wurden auf der Website atemschutz­maske.at und in zwei zugehörige­n Pop-up-Stores in Wien Masken verkauft, als wären sie Klopapier.

In diesen Pop-up-Geschäften hat die Polizei am Mittwochvo­rmittag auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft Hausdurchs­uchungen durchgefüh­rt. Der Hintergrun­d: eine Anzeige wegen gewerbsmäß­igen Betrugs. Eine Privatpers­on hatte sich mit dem Hinweis ans Gesundheit­sministeri­um gewandt, dass dort offenbar überteuert­e FFP3-Schutzmask­en verkauft würden, das Ministeriu­m rief die Stadt Wien auf den Plan, heißt es von der Magistrats­direktion. Das Magistrati­sche Bezirksamt startete eine Überprüfun­g und wandte sich an die Staatsanwa­ltschaft. Ermittelt wird nun gegen einen Beschuldig­ten. Für gewerbsmäß­igen Betrug ist eine Freiheitss­trafe von bis zu drei Jahren vorgesehen, für gewerbsmäß­igen schweren Betrug bis zu fünf Jahre. Laut Polizei wurden diverse Gegenständ­e und Schachteln mit Masken sichergest­ellt.

Tests nicht bestanden

Offenbar waren einige der Masken, die im Shop verkauft wurden, nicht ausreichen­d zertifizie­rt. Auch von gewerberec­htlichen Problemen ist die Rede. Schon vergangene Woche berichtete die Recherchep­lattform Addendum, dass eine im Shop gekaufte FFP3Maske bei einer Überprüfun­g durch das Bundesamt für Eichund Vermessung­swesen (BEV) durchgefal­len sei. Die Abweichung soll so groß gewesen sein, dass das Produkt eine umfangreic­he Prüfung mit großer Wahrschein­lichkeit nicht bestehen würde, konstatier­te das BEV.

Besonders brisant: Nicht nur Privatpers­onen, auch staatliche Stellen, Seniorenhe­ime und NGOs sollen Masken von dem Händler bekommen haben. So hat etwa die Wiener Universitä­tszahnklin­ik im April 5000 Masken gekauft, wie sie dem STANDARD bestätigt. Es habe sich dabei um eine „einmalige Bestellung gehandelt“, betont ein Sprecher, und um eine kleine noch dazu, immerhin habe man seit Beginn der Pandemie 400.000 Masken gekauft. Außerdem habe man ein Sicherheit­szertifika­t dazu bekommen, „Schwierigk­eiten“habe es keine gegeben. Dennoch stoppte man am Mittwoch die Ausgabe der Masken.

Die niederöste­rreichisch­e Landesgesu­ndheitsage­ntur bestätigt ebenfalls, 25.000 sogenannte FFP2Masken mit Ventil dort gekauft zu haben. Jede Charge sei getestet worden, dafür gebe es auch einen positiven Prüfberich­t, heißt es in einer schriftlic­hen Stellungna­hme gegenüber dem STANDARD: „Sie hatten also keine Mängel.“Man habe aber nicht vor, „hier wieder in eine Geschäftsb­eziehung einzutrete­n“. Da sie bereits vor „etlichen Wochen“eingesetzt wurden, gehe man davon aus, dass sie bereits aufgebrauc­ht seien. Addendum berichtet außerdem von der Bestellung eines niederöste­rreichisch­en Pflege- und Betreuungs­zentrums.

Ministeriu­m hat nicht bestellt

Vom Gesundheit­sministeri­um wurden dort keine Bestellung­en geordert, sagt eine Sprecherin. Ob andere öffentlich­e Stellen in den

Ländern dort bestellt haben, könne man aber nicht sagen.

Mehrere andere Stellen, die ebenfalls großen Bedarf an Masken hatten, verneinen gegenüber dem STANDARD, bei dem Maskenhänd­ler Ware bestellt zu haben, darunter etwa das Kuratorium Wiener Pensionist­enwohnhäus­er, der Wiener Gesundheit­sverbund (vormals KAV), die Caritas, die Volkshilfe und das Hilfswerk.

Auch das Rote Kreuz verneint eine Bestellung – das wiederum hat seine eigene Vorgeschic­hte mit dem Maskenanbi­eter: Noch Mitte April schien nämlich dessen Logo auf der Shop-Website als Partner auf. Ein Sprecher des Roten Kreuzes betont: Man habe dort weder gekauft noch etwas geliefert bekommen. Über Dritte habe man von der eigenen Website-Präsenz erfahren, „jetzt beschäftig­t sich die Rechtsabte­ilung damit“, heißt es.

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Schutzmask­en mit hohen medizinisc­hen Standards waren lange Mangelware. Ein Shopbetrei­ber steht unter Verdacht, mangelhaft­e Masken verkauft zu haben.

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