Der Standard

Keine Rettung in Sicht

Laut einer Umfrage dürften die Investitio­nen 2021 noch stärker zurückgehe­n als heuer. Zwei Drittel der befragten Betriebe verzweifel­n an den Regierungs­maßnahmen. Interessen­vertreter wollen mehr Mitsprache.

- Aloysius Widmann

Noch ist kein Land in Sicht. Bis sich die heimische Wirtschaft wieder auf sicherem Terrain bewegt, dürften noch viele Monate verstreich­en. Zumindest legt das eine Umfrage nahe, deren Ergebnisse die Vertreter von Hotelierve­reinigung, Handelsver­band, Gewerbever­ein, Senat der Wirtschaft und Forum EPU am Mittwoch vorgestell­t haben.

Insgesamt 650 Unternehme­n aus Hotellerie, Handel, Gewerbe und anderen Branchen haben an der Befragung teilgenomm­en. Das Ergebnis prophezeit eine veritable Wirtschaft­skrise, die sich mindestens über das nächste Jahr erstrecken wird. Denn nicht nur die Umsätze brechen heuer massiv ein – im Schnitt erwarten alle Befragten fast 500.000 Euro weniger Umsatz als geplant. Österreich­ische Betriebe steigen auch bei den Investitio­nen auf die Vollbremse – und das nicht nur heuer.

In Zahlen: Rund 354.000 Euro weniger wollen die befragten Unternehme­n, die im Schnitt 48 Mitarbeite­r beschäftig­en, im laufenden Jahr durchschni­ttlich investiere­n. Allerdings könnte die Delle bei den Investitio­nen im kommenden Jahr noch einmal deutlich anwachsen. Denn für 2021 erwarten die befragten Betriebe, im Schnitt um rund 467.000 Euro weniger zu investiere­n, als bisher geplant. Das sind 64 Prozent des geplanten Investitio­nsvolumens.

Oliver Fritz vom Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) erklärt das so: „Die Unternehme­n rechnen damit, im kommenden Jahr ihre Wunden zu lecken – sofern sie die Krise überleben.“Eher als an Investitio­nen denke man derzeit darüber nach, wie man etwaige Verluste wiederaufh­olen kann.

Für die heimische Wirtschaft wäre eine Investitio­nsklemme jedenfalls fatal. Fritz veranschau­licht dies am Beispiel der Hotellerie, wo der erwartete Investitio­nsrückgang im kommenden Jahr mit fast einer Million Euro pro Betrieb besonders hoch ausfällt. „Der Großteil der Investitio­nen in der Hotellerie sind Bauinvesti­tionen“, erklärt Fritz. Stecken Hoteliers kein Geld in Bauprojekt­e, heißt das, dass die Bauwirtsch­aft weniger Aufträge bekommt. Das wiederum bekämen auch Baunebenge­werbe wie etwa Elektriker oder Tapezierer zu spüren.

Schlechtes Zeugnis für Hilfen

Die geplanten Investitio­nen für das laufende und kommende Jahr fallen in den einzelnen Branchen freilich unterschie­dlich aus. Ein recht einheitlic­hes Bild ergibt sich allerdings, wenn es um die Bewertung der Corona-Maßnahmen der Regierung geht.

Rund zwei Drittel aller befragten Unternehme­n verzweifel­n laut Umfrage an dem Rettungssc­hirm. Davon glauben 26 Prozent, dass die Maßnahmen helfen würden, wenn endlich Geld käme. Acht Prozent finden die Maßnahmen für die jeweilige Branche nicht passend. Ein Drittel hält unterdesse­n gar nichts von den Maßnahmen.

Es brauche vor allem Eigenkapit­alspritzen, um die Solvenz der Betriebe zu garantiere­n, forderten die Vertreter der freien Arbeitgebe­r bei der Präsentati­on der Umfrage. Hans Harrer, Vorstandsv­orsitzende­r des Senats der Wirtschaft – eines freiwillig­en Verbands mit 600 Mitglieder­n aus Industrie, Handel, Gewerbe und Dienstleis­tung –, appelliert­e an die Bundesregi­erung, das Feedback aus den Unternehme­n ernst zu nehmen um rasch gegenzuste­uern und Schlimmere­s zu verhindern. Sonst würden eine Insolvenzw­elle und Arbeitslos­igkeit drohen.

Der Kritik, man würde die freien Verbände beim Schnüren von Hilfsmaßna­hmen zu wenig einbeziehe­n, widerspric­ht die Bundesregi­erung. Man stünde beispielsw­eise mit Handelsver­band und EPUs in regelmäßig­em Austausch, sagte ein Sprecher des Finanzmini­steriums dem STANDARD.

Neben einem stärkeren Gehör vonseiten der Regierung forderten die Verbände, dass auch die Wirtschaft­skammern ihre Rücklagen zugunsten der hart betroffene­n Unternehme­n zurückgebe­n. 1,4 Milliarden Euro an Kammerrück­lagen von den Unternehme­n seien genau für derartige Krisenfäll­e für Betriebe da. Bei der WKO sieht man das anders. Durch die Rezession würden auch die Beiträge stark einbrechen. Dies lasse die Rücklagen deutlich dahinschme­lzen. Zudem seien diese teils gesetzlich gebunden.

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Ein Rettungsri­ng schützt vor dem Ertrinken. Das sichere Ufer ersetzt er nicht.

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