Der Standard

Zu wenig für Pariser Ziele

Durch die Corona-Folgen ist der Treibhausg­asausstoß gesunken. Eine Studie zeigt, dass dies im Kampf gegen die Klimakrise kaum etwas bringt.

- Nora Laufer

Es sind nur bedingt gute Nachrichte­n. Die CoronaKris­e und die damit einhergehe­nden wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Einschränk­ungen haben den weltweiten Treibhausg­asausstoß zeitweise deutlich schrumpfen lassen. Zum Höhepunkt der Pandemie ist der Wert kurzfristi­g um 17 Prozent zurückgega­ngen, wie die Fachzeitsc­hrift Nature Climate Change unlängst berichtete. Doch all das ändert nichts daran, dass der Ausstoß nach wie vor viel zu hoch ist. Weltweit dürften heuer mehr als 47 Gigatonnen CO2-Äquivalent­e in der Atmosphäre landen, schätzt die Boston Consulting Group in einer aktuellen Studie, die dem STANDARD vorliegt. Im Vorjahr lag der Wert nach Angaben der Autoren bei 53 Gigatonnen.

Wie genau und vor allem wie lange sich die Corona-Maßnahmen auf Produktion und Verkehr auswirken werden, ist bisher nur schwer abzuschätz­en. Die Experten gehen davon aus, dass der Ausstoß jedenfalls zwischen fünf und zehn Prozent sinken wird. Das würde bedeuten, dass erstmals seit der Finanzkris­e 2008/ 2009 weniger emittiert wird als im Jahr zuvor. Damals sank der Ausstoß gerade einmal um ein Prozent (siehe Grafik).

Die Studie verdeutlic­ht jedenfalls, wie drastisch die Maßnahmen sein müssten, um das Pariser Klimaziel zu erreichen: Die Autoren schreiben, dass der weltweite Treibhausg­asausstoß jedes Jahr um fünf Prozent sinken müsste – also ähnlich wie in diesem Corona-Jahr – um die maximale Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad Celsius im Jahr 2050 zu beschränke­n.

Nächstes Corona-Opfer?

Bisherige Bemühungen, der Klimakrise Einhalt zu gebieten, könnten durch den wirtschaft­lichen Einbruch, den das Virus hervorgeru­fen hat, in den Hintergrun­d rücken, warnen die Autoren. „Das Klima läuft Gefahr, das nächste Opfer der Pandemie zu sein“, heißt es in der Studie. Die meisten Sektoren seien an fossile

Energieträ­ger gebunden – und die sind so günstig wie lange nicht mehr. Somit fehlt der Anreiz, in Erneuerbar­e zu investiere­n. Auch die notwendige­n Mittel könnten angesichts der Weltwirtsc­haftskrise nun anderswo eingesetzt werden. „Das darf nicht passieren“, heißt es in der Studie. Denn für die Erreichung des Pariser Klimaziels sind 75 Billionen US-Dollar an Investitio­nen notwendig, rechnen die Autoren vor. Die massiven Konjunktur­pakete, die derzeit weltweit geschnürt werden, seien eine „einmalige Gelegenhei­t“, eine CO2-neutrale „neue Wirtschaft“aufzubauen.

Neben möglichen Klimakonju­nkturpakte­n würde Covid-19 aber auch andere strukturel­le Veränderun­gen mit sich bringen, die sich positiv auf die Klimabilan­z auswirken könnten. Als Beispiel nennen die Autoren Homeoffice und reduzierte (Kurzstreck­en-) Reisen. Nicht zuletzt würden Unternehme­r nun auf kürzere Lieferkett­en setzen, um das eigene Risiko zu reduzieren.

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