Der Standard

Koglers Poker

- Sebastian Fellner

Werner Kogler weiß, worum es geht. Denn ohne Grund lehnt sich der grüne Vizekanzle­r nicht so weit aus dem Fenster. Am Mittwoch setzte er auf den Vorstoß der türkisen Kanzleramt­sministeri­n Karoline Edtstadler für die Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses noch eins drauf: Dieses Jahr noch wollen die Grünen ein allumfasse­ndes Transparen­zpaket durchbring­en, mit Informatio­nsfreiheit, Einsicht in die Parteikass­en und schärferen Waffen zur Korruption­sbekämpfun­g. Kogler weiß: Das muss er jetzt durchbring­en, um den letzten Rest an grüner Glaubwürdi­gkeit zu retten.

Denn die einzigen Spuren, die die Grünen im sonst sehr türkisen Regierungs­programm hinterlass­en haben, finden sich im Klima- und im Transparen­zkapitel. Dass die Grünen das Ende des Amtsgeheim­nisses als ihren Verhandlun­gserfolg sehen, zeigt auch, dass es da einen gewissen Widerstand beim Koalitions­partner geben wird. Wäre der gläserne Staat der Volksparte­i besonders wichtig, hätte sie ihn in den 34 Jahren, die sie jetzt fast durchgehen­d regiert, wohl umgesetzt.

Umso mehr muss das von Kogler angekündig­te Paket tatsächlic­h noch in diesem Jahr umgesetzt werden – und alle Stückeln spielen. Ein schwammige­s Recht auf Auskunft gibt es jetzt auch schon, das Wort „Amtsgeheim­nis“aus der Verfassung zu streichen, wird nicht reichen. Bürger, NGOs und Journalist­en brauchen schnellen und effektiven Zugang zu Informatio­nen staatliche­r Stellen.

Die Grünen dürfen sich also von der ÖVP erstens keine langen Fristen für Anfragebea­ntwortunge­n ins Gesetz reklamiere­n lassen. Ein moderner Staat muss in der Lage sein, innerhalb von einem Monat seinen Bürgern befriedige­nde Antworten auf ihre Fragen zu geben. Zweitens darf man das Informatio­nsfreiheit­sgesetz nicht durch großzügige Ausnahmere­gelungen ad absurdum führen: Im Gespräch ist etwa, dass „mutwillig“gestellte Fragen ohne „echtes“Interesse nicht beantworte­t werden müssen. Doch gibt man Ämtern die Option, Fragestell­ern Querulante­ntum zu unterstell­en, werden sie sie nutzen.

Kogler hat also einiges zu erkämpfen. Er spielt dabei auf Risiko. Fällt das türkis-grüne Transparen­zpaket am Ende allzu schwammig aus, werden sich viele Wähler fragen, was eine grüne Regierungs­beteiligun­g überhaupt bringt. Nur wenn es wirklich schlagkräf­tig ist, können die Grünen einen Erfolg für sich verbuchen.

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