Der Standard

KOPF DES TAGES

Meinungsst­arke Richterin in einem heiklen Verfahren

- Jan Michael Marchart

Die Großmutter war für Ilse Huber eine Wegbereite­rin. Sie wollte, dass ihre Enkelin studiert. Zur Großmutter sah Huber auf, weil sie eine „taffe“Frau war, die bis ins hohe Alter moderne Literatur wie jene von Peter Handke las. 1899 geboren, wurde die Großmutter Lehrerin, was damals nicht üblich gewesen sei.

Die Eltern von Ilse Huber waren beide Lehrer. Ihr Weg schien vorgegeben. Auch sie wollte zunächst Lehrerin werden. Schneideri­n war eine mögliche Berufsalte­rnative. Auch die Eltern wollten, dass ihr Kind in jedem Fall studiert. 1967 war die Studienaus­wahl viel kleiner als heute. Zur Auswahl standen im Wesentlich­en Medizin, Wirtschaft, Lehramt, Bodenkultu­r und Jus. „Hätte es die Medienfach­hochschule in St. Pölten schon gegeben, wäre ich vielleicht Filmregiss­eurin geworden“, erzählt sie. Huber entschied sich aber schlussend­lich für Jus, weil es einst ein kurzes Studium war. Sie wollte „schnell finanziell unabhängig sein“.

Die Zeit während des Studiums war für Huber nicht leicht. Es fehlte zunächst das Interesse. Gedanken ans Aufhören waren da. „Als folgsamer Mensch habe ich es fertiggema­cht, ich war froh, als die vier Jahre vorbei waren“, sagt Huber.

Die folgende Ausbildung bei Gericht fand sie spannender. Ab 1974, als Huber zur Richterin ernannt wurde, folgte eine steile Karriere. Vom Bezirksger­icht über das Landesgeri­cht in St. Pölten und das Oberlandes­gericht in Wien kam sie 1993 zum Obersten Gerichtsho­f (OGH) und war im Zivilrecht­sbereich tätig. Von 2012 bis zu ihrer Pensionier­ung drei Jahre später war Huber Vizepräsid­entin des OGH.

Nun bekleidet Huber das noch recht junge Amt der Verfahrens­richterin in einem Untersuchu­ngsausschu­ss des Nationalra­ts. Ein Unterschie­d zu ihrer Tätigkeit als Richterin sei, dass sie zuvor die Letztveran­twortung für ein Urteil hatte. Nun tritt sie als Beraterin auf. Eingreifen wird Huber, wenn die Fragen der Parteien das Thema des Ausschusse­s übersteige­n, und wird überwachen, ob Gründe für eine Aussagever­weigerung vorliegen.

Kollegen aus dem Senat 3 des Presserats, dem Huber bis zu ihrer U-Ausschuss-Arbeit vorsaß, erzählen, dass sie die Sitzungen ruhig, zuvorkomme­nd und mit Expertise geleitet habe. Gleichzeit­ig hielt sie ihre Meinung nicht zurück. Auch im Ausschuss, sind ihre Wegbegleit­er überzeugt, werde sie nicht um ein Machtwort verlegen sein, sollte dies notwendig werden.

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Foto: APA/Schlager Ilse Huber wacht über den U-Ausschuss zur Ibiza-Affäre im Parlament.

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