Der Standard

Ibiza-U-Ausschuss begann mit Heinz-Christian Strache

Der Ex-Vizekanzle­r blieb vor dem U-Ausschuss seiner Verteidigu­ngslinie zum Ibiza-Video treu: Er habe nichts Rechtswidr­iges vorgeschla­gen, seine Aussagen seien verfälscht worden und „nicht authentisc­h“.

- Fabian Schmid, Sebastian Fellner, Theo Anders

Das Ibiza-Video und seine Folgen: Damit beschäftig­t sich seit Donnerstag ein parlamenta­rischer Untersuchu­ngsausschu­ss. Am Nachmittag war dessen Hauptdarst­eller Heinz-Christian Strache an der Reihe. Der einstige Vizekanzle­r beklagte, seine Aussagen seien „aus dem Kontext gerissen“worden. Er wunderte sich, dass SMS zwischen ihm und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in den Akten fehlen. Aufregung gab es wegen der engen Platzverhä­ltnisse. Bei Pressestat­ements drängten sich Redakteure und Kameraleut­e entgegen den Corona-Richtlinie­n eng aneinander.

Heinz-Christian Strache hat in seinem Leben offenbar schon viele Menschen enttäuscht: etwa den ehemaligen Koalitions­partner ÖVP, dessen Fraktionsf­ührer Wolfgang Gerstl von „zwei Gesichtern“des einstigen Vizekanzle­rs sprach; oder auch seine ehemaligen Parteikoll­egen in der FPÖ. Etwa Martin Graf, der in einer Diskussion­srunde Straches „falsche Freundeskr­eise“beklagte, die sich dieser bei seinem politische­n Aufstieg zugelegt habe. Am Donnerstag enttäuscht­e Strache dann, zumindest anfangs, die zahlreiche­n Journalist­en und Abgeordnet­en, die sich zu seiner Aussage im parlamenta­rischen Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss eingefunde­n hatten. Er werde „kaum etwas sagen“, meinte Strache einleitend. Die Casinos-Ermittlung­en basierten auf anonymen Anzeigen, er habe keine volle Akteneinsi­cht, lamentiert­e der einstige FPÖ-Chef. Und auch zum Thema Ibiza wolle er nicht viel beantworte­n, solange er nicht das gesamte Video sehen könne.

Allerdings gilt Strache nur in der Casinos-Affäre als Beschuldig­ter, er darf sich dort also entschlage­n. Bei den Ermittlung­en zum Ibiza-Video wird er jedoch als Geschädigt­er geführt. Deshalb wies ihn der Ausschussv­orsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) prompt darauf hin, dass er als Auskunftsp­erson, nicht als Beschuldig­ter geladen sei.

„Aus dem Kontext gerissen“

Nach und nach wurde Strache dann doch gesprächig­er. Er habe auf Ibiza „keine rechtswidr­igen Angebote gemacht“, sondern „Gerüchte erklärt, wie sich andere Parteien finanziere­n, und die hiesige Praxis von Parteispen­den zu erläutern versucht“. Die siebenminü­tigen Ausschnitt­e des Videos, die publiziert wurden, seien jedenfalls „nicht authentisc­h“, sondern „aus dem Kontext gerissen“. Auch die medialen Anschuldig­ungen zur Causa Casinos seien „falsch“, sagte Strache. Unklar sei ihm, warum SMS zwischen ihm und Kurz nicht im Akt sind.

Straches Befragung ging erst am späten Nachmittag los, weil sich die Abgeordnet­en vormittags in einer Geschäftso­rdnungsdeb­atte verzettelt hatten: Die FPÖ warf ÖVP-Fraktionsf­ührer Gerstl vor, als Beamter des Innenminis­teriums „befangen“zu sein – was aber ohne Folgen blieb. Vor Strache stand dann noch Falter

Chefredakt­eur Florian Klenk den Abgeordnet­en Frage und Antwort. „Alles, was ich weiß, schreibe ich in die Zeitung. Alles andere sage ich nicht“, kommentier­te Klenk nachher. Eine gute Zusammenfa­ssung, denn sensatione­lle Neuigkeite­n plauderte der Investigat­ivjournali­st nicht aus.

Klenks Videonache­rzählung

Das war aber auch nicht der Plan, vielmehr sollten Klenk und seine Nacherzähl­ungen den atmosphäri­schen Rahmen für die anschließe­nden Befragunge­n schaffen. Nicht besonders glücklich über Klenks Ladung dürfte die ÖVP gewesen sein; ihr Fraktionsf­ührer Wolfgang Gerstl verpackte in seine Befragung oftmals Kritik – Falter und ÖVP befinden sich ja nach wie vor in einem Rechtsstre­it, weil die Wochenzeit­ung über finanziell­e Interna der Türkisen berichtet hatte.

Knapp drei Stunden lang beschrieb Klenk den „Korruption­stanz“, den Strache auf Ibiza mit der falschen Oligarchen­nichte absolviert­e. Bislang unbekannt war, dass der Falter laut Klenk „zwei, drei Monate nach Regierungs­antritt über eine sehr bekannte österreich­ische Persönlich­keit, die ich nicht erwartet hätte, die auch nicht unmittelba­r im parteipoli­tischen Bereich tätig ist, die Informatio­n“über ein Video bekommen habe, das Strache beim Missbrauch von Drogen zeige. Strache hat Drogenmiss­brauch stets von sich gewiesen, laut Klenk sei im Ibiza-Video davon auch nichts zu bemerken.

Straches „Korruption­stanz“

Sichtbar seien allerdings dessen Korruption­sfantasien: Zwar habe Strache immer wieder betont, alles müsse rechtmäßig ablaufen, inhaltlich habe er laut Klenk aber rechtswidr­ige Dinge vorgeschla­gen. Das ist allerdings nicht strafbar, wie die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) rasch nach der Veröffentl­ichung der Videoseque­nzen vor einem Jahr feststellt­e: Denn Strache war zum Zeitpunkt der Aufnahme „nur“FPÖChef, also kein Amtsträger. Deshalb könne nicht wegen Bestechung ermittelt werde. An einer Behebung dieser Gesetzeslü­cke arbeitet momentan Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne).

Sie wird am Freitag vor dem U-Ausschuss Platz nehmen. Durch die gesundheit­sbedingten Absagen der Milliardär­e Johann Graf (Novomatic), Heidi Horten und Gaston Glock hatte es zunächst so ausgesehen, als würden die Abgeordnet­en freitags nur über die Geschäftso­rdnung sprechen.

Kurz vor Beginn der ersten Ausschusss­itzung preschten dann aber Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (Neos) mit der Idee vor, Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) und Zadić zu laden. Die beiden sollen unter anderem über das Hickhack rund um das sichergest­ellte Ibiza-Video Auskunft geben. Offenbar gab es hier Zwist; die WKStA erfuhr vom Fund des Videos durch die Polizei erst aus den Medien. Zumindest Zadić wird sich am Freitag in der Hofburg einfinden.

Überlegen müssen sich die Abgeordnet­en, wie sie den nächsten Mittwoch auffüllen möchten: An diesem Tag haben die beiden ehemaligen Casinos-Manager Dietmar Hoscher (SPÖ) und Alexander Labak abgesagt. Womöglich werden sie durch den einstigen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus ersetzt: Denn vor Redaktions­schluss sah es so aus, als würde seine Befragung wegen der späten Stunde verschoben werden.

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Der Hauptdarst­eller des Ibiza-Videos ist der erste Politiker, der im U-Ausschuss erscheinen muss.

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