Verdacht im „Fall Maddie“
2007 verschwand die damals dreijährige Madeleine McCann in Portugal. Nun ist ein 43-Jähriger, der dort lebte, im Visier der Ermittler. Er sitzt wegen Sexualdelikten im Gefängnis in Deutschland.
Ein 43-jähriger Deutscher ist rund um das Verschwinden von Madeleine McCann in Portugal im Jahr 2007 im Visier der Ermittler.
Happy 17th Birthday Madeleine“– so gratulierten Kate und Gerald McCann vor kurzem, am 12. Mai, ihrer Tochter zum Geburtstag. Immer noch hoffen die Eltern, ihr Kind, das kurz vor seinem vierten Geburtstag im Jahr 2007 aus der Ferienanlage Ocean Club in Praia da Luz (Portugal) verschwunden ist, wiederzufinden. Oder zumindest zu erfahren, was damals geschehen ist. Der Fall sorgte für enormes Echo, die Bilder der kleinen Britin „Maddie“gingen um die ganze Welt. Doch bis heute ist ihr Schicksal nicht geklärt.
Jetzt aber gibt es eine neue Spur, und diese führt nach Deutschland, genauer gesagt nach Braunschweig (Niedersachsen). In der Region hatte jener Mann, der nun unter Mordverdacht steht, seinen letzten Aufenthaltsort, bevor er ins Ausland ging.
Es soll sich um einen 43-jährigen Deutschen handeln, der zwischen 1995 und 2007 regelmäßig an der Algarve lebte, unter anderem für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz. Also jenem Ort, an dem Madeleine McCann aus der Ferienwohnung verschwand, während ihre Eltern mit Freunden in der Anlage in einem Restaurant zu Abend aßen.
„Nach hier vorliegenden Erkenntnissen ging er in dieser Zeit im Raum Lagos mehreren Gelegenheitsjobs, unter anderem in der Gastronomie, nach. Weitere Anhaltspunkte legen nahe, dass er seinen Lebensunterhalt zudem durch die Begehung von Straftaten, darunter Einbruchdiebstähle in Hotelanlagen und Ferienwohnungen sowie Drogenhandel, bestritt“, heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Braunschweig.
Mehrfach vorbestraft
Der Verdächtige ist ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter, der unter anderem auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden ist. Er verbüßt derzeit laut Bundeskriminalamt (BKA) „in anderer Sache eine längere Haftstrafe“. Die BildZeitung berichtet, dass er in Kiel einsitzt.
Am Mittwochabend bat das BKA in der Sendung Aktenzeichen XY... ungelöst um Unterstützung. „Wir beginnen mit einer Nachricht, die es in sich hat“, sagte Moderator Rudi Cerne zur Einleitung. Danach erklärte der leitende BKAKriminaldirektor Christian Hoppe, dass man vom Tod des kleinen Mädchens ausgehen müsse: „Unser Verdacht umfasst auch die Tötung Madeleines.“
Madeleines Eltern, die zeitweise selbst verdächtigt wurden, mit dem Verschwinden ihrer Tochter etwas zu tun gehabt zu haben, waren 2013 in der Sendung. Schon damals waren Hinweise auf den nun unter Mordverdacht stehenden Deutschen eingegangen. Doch, so Hoppe: „Die damaligen Informationen reichten nicht für Ermittlungen aus, und schon gar nicht für eine Festnahme.“
Laut Braunschweiger Zeitung handelt es sich bei dem nun Beschuldigten um einen Mann, der im Dezember 2019 vor dem Landgericht Braunschweig wegen der Vergewaltigung an einer 72-Jährigen verurteilt wurde, die er in Portugal begangen haben soll – im selben Ort, in dem rund anderthalb Jahre später Maddie verschwand.
Das Urteil im Falle der Vergewaltigung sei bisher nicht rechtskräftig, der Angeklagte werfe der Justiz Rechtsfehler im Auslieferungsverfahren vor. Spiegel Online berichtet, dass der Mann 2017 von Portugal nach Deutschland ausgeliefert worden sei.
Handy am Tatort eingeloggt
Nun erklären die Ermittler, das Handy des Verdächtigen sei im Mai 2007 nachweislich zum Tatzeitpunkt in der Umgebung der Ferienanlage eingeloggt gewesen, in der die McCanns ihren Urlaub verbracht hatten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit habe er die portugiesische Mobilfunknummer +35 191 273 06 80 benutzt, der oder die unbekannte Gesprächspartner oder -partnerin die Nummer +35 191 651 06 83. Diese Person werde als Zeuge gesucht.
Denn den Ermittlern fehlt der letzte Beweis; sie wissen auch nicht, wie die Tat abgelaufen ist. Laut BKA-Mann Hoppe könnte der Mann zunächst in der Unterkunft der McCanns auf der Suche nach Geld gewesen sein, beim Anblick des kleinen Kindes aber seine Pläne geändert haben. Das BKA schließt auch nicht aus, dass es Mittäter und Mitwisser gibt.
Hinweise auf zwei Autos
Veröffentlicht wurden auch Bilder zweier Fahrzeuge, die der Tatverdächtige am Tattag genutzt haben könnte. Es handelt sich um einen auberginefarbenen Jaguar XJR 6 sowie einen weiß-gelben VW T3 Westfalia.
Madeleines Eltern haben sich via Scotland Yard noch einmal an die Öffentlichkeit gewandt und erklärt: „Alles, was wir je wollten, ist, sie zu finden, die Wahrheit ans Licht zu bringen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Wir werden niemals die Hoffnung aufgeben, Madeleine lebend zu finden. Aber was auch immer herauskommen sollte, wir müssen es wissen, weil wir Frieden finden müssen.“
Doch auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Hans Christian Wolters, sagt: „Wir gehen davon aus, dass das Mädchen tot ist.“