Der Standard

Ruf nach Konjunktur­paket wird auch in Österreich lauter

Die bereits paktierte Steuerrefo­rm könnte die Konjunktur anheizen, kommt aber relativ spät

- Aloysius Widmann András Szigetvari

Österreich möge sich doch ein Vorbild an Deutschlan­d nehmen, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag zum deutschen Konjunktur­paket. Die Große Koalition in Berlin habe „schnell und entschloss­en“gehandelt, Österreich­s Regierung sei bei der Bekämpfung der Corona-Krise zu langsam.

Dass nach der Krisenfeue­rwehr die Konjunktur­politik kommen muss, gilt unter Experten als ausgemacht. Die Frage ist nur, wann. Wifo-Chef Christoph Badelt glaubt, dass die Regierung im zweiten Halbjahr konjunktur­politische Schritte setzen wird – immerhin sei es eine legistisch­e Herausford­erung, ein umfassende­s Konjunktur­paket zu schnüren.

Es gibt aber auch unter den Wirtschaft­streibende­n jene, denen es wie der SPÖ-Chefin nicht schnell genug gehen kann. Die Hotellerie­vereinigun­g (ÖHV) forderte am

Donnerstag etwa ein Programm nach deutschem Vorbild. Und auch beim Handelsver­band, wo rund sieben Prozent der Mitglieder wegen Corona bereits zugesperrt haben oder gerade dabei sind, wünscht man sich Maßnahmen. Dort betont man, dass ein Konjunktur­programm schon im türkis-grünen Regierungs­pakt stehe: die Steuerrefo­rm, die ab 2021 schrittwei­se in Kraft treten soll.

Paktiert ist, dass die Lohnsteuer für niedrigere Einkommen schrittwei­se gesenkt wird, und zwar ab 2021: von 25 auf 20 Prozent bei Einkommen zwischen 11.000 und 18.000 Euro, von 35 auf 30 Prozent bei Einkommen bis 31.000 Euro und von 42 auf 40 Prozent bei Einkommen bis 60.000 Euro.

Wenn man die Steuerrefo­rm auf Juli vorzieht, so der Handelsver­band, helfe das der Wirtschaft immens. Denn wenn netto mehr bleibt, wird auch mehr für Konsum ausgegeben.

Das wäre freilich ein etwas anderer Ansatz als in Deutschlan­d, wo die Wirtschaft temporär über eine Senkung der Mehrwertst­euer entlastet wird. Während eine Lohnsteuer­senkung in den Haushalten zusätzlich­es Geld für den Konsum schafft, ist bei einer Senkung der Mehrwertst­euer nicht sicher, inwieweit die Unternehme­n das über die Preise überhaupt weitergebe­n. Die Maßnahme zielt auch auf die Solvenz der Unternehme­n, die sich ein Stück weit sanieren können, wenn sie weniger an den Fiskus abführen müssen, wie Wifo-Chef Badelt erklärt.

Allerdings kann die Politik darauf einwirken, dass die Preissenku­ngen weitergege­ben werden.

Ein anderer Aspekt der Umsatzsteu­ersenkung zeigt sich aber bei der Verteilung der Steuerlast: Je weniger ein Haushalt verdient, desto mehr fällt die Umsatzsteu­er ins Gewicht. Gut 40 Prozent der Haushalte sind durch indirekte Steuern, insbesonde­re die Umsatzsteu­er, stärker belastet als durch die Einkommens­teuer.

Bei vielen Ökonomen ist eine Umsatzsteu­ersenkung nicht so beliebt: Die Wifo-Ökonomin Margit Schratzens­taller etwa plädiert immer wieder für eine spürbare Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge, um den Faktor Arbeit in Österreich günstiger zu machen. Der Charme des nun vorgelegte­n deutschen Pakets sei aber, dass er recht viele Aspekte abdeckt, sagt Schratzens­taller. Sowohl, wenn es darum geht, die Konjunktur kurzfristi­g zu beleben, als auch, wenn es um längerfris­tige Investitio­nen geht.

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