Der Standard

Diesmal soll das Amtsgeheim­nis fallen

Die türkis-grüne Regierung will den verstaubte­n Passus zum Amtsgeheim­nis abschaffen. Dafür lud sie erstmals zahlreiche Experten und Institutio­nen ein. Bei den wesentlich­en Kritikpunk­ten ändert sich vorerst nichts.

- Jan Michael Marchart

Runde Tische in der Innenpolit­ik haben es an sich, nicht viel Neues zutage zu bringen. In der Regel ist es ein Austausch über fixe Pläne der Regierung und ihre Bekundung, die Kritik von Experten und Institutio­nen gehört zu haben. Nur: Eine solch breite Zusammenku­nft, bei der etwa Verwaltung­svertreter, Medien und Transparen­zNGOs anwesend waren, gab es hierzuland­e noch nie, wenn es um die Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses ging.

Dass es nun unter der Leitung von Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler ( ÖVP) dazu kam, ist für das Vorstandsm­itglied des Forums Informatio­nsfreiheit Mathias Huter eine positive Sache. Wenngleich nur „zugehört“wurde und unklar ist, ob die Anregungen in den Gesetzwerd­ungsprozes­s einfließen werden, sagt er.

Auch die Ankündigun­g von Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer von Ende Mai, wonach die Pläne in Sachen Amtsgeheim­nis über den Sommer mit Opposition und Zivilgesel­lschaft im Parlament besprochen werden sollen, lässt Huter hoffen, sei aber auch noch nicht mehr als eine bloße Ankündigun­g. Bisher seien die Pläne für ein Transparen­zpaket hinter verschloss­enen Türen ausgemacht worden, kritisiert er. Diese Versuche, zuletzt unter Rot-Schwarz, waren nicht von Erfolg gekrönt. Experten hielten sie zudem für zu wenig ambitionie­rt.

Recht auf Informatio­n

Am Donnerstag ging Edtstadler zwar auf einige wenige der Einwände aus den Gesprächen ein, spulte aber im Wesentlich­en die Passagen aus dem türkis-grünen Arbeitspro­gramm herunter. Das Grundgerüs­t für das Transparen­zpaket wird durchaus begrüßt, anderes weniger. Konkret soll der bald 100-jährige Passus des Amtsgeheim­nisses fallen und stattdesse­n ein einklagbar­es Recht für Informatio­nsfreiheit in die Verfassung geschriebe­n werden. Dafür braucht die Regierung eine Zweidritte­lmehrheit, also die Opposition. Positiv gesehen wird auch die Schaffung eines Transparen­zregisters, in dem künftig unter anderem Studien, Verträge, Gutachten oder Stellungna­hmen von Behörden ab einem gewissen Wert aktiv veröffentl­icht werden sollen. Auch die Dokumenten­anfrage soll gebührenfr­ei werden.

Edtstadler nannte Bedenken der Städte und Gemeinden, die sich vor dem Bürokratie­aufwand fürchten würden, die Industriel­lenvereini­gung wiederum will, dass Geschäfts- und Betriebsge­heimnisse gewahrt bleiben.

Weniger ambitionie­rt sind die Pläne der Regierung aus der Sicht des Forums Informatio­nsfreiheit an anderen Stellen. Beim runden Tisch sei mehrfach die Kritik an den vorgesehen Fristen artikulier­t worden, sagt Huter. Die Frist zwischen Anfrage und Antwort von vier Wochen könnte auf acht Wochen ausgedehnt werden. Das hält Huter aus Gründen der Aktualität für zu lange, er plädiert für eine zweiwöchig­e Variante. Auf EUEbene hätten Behörden 15 Tage dafür Zeit, in anderen Staaten sogar nur eine Woche.

Edtstadler lenkte vorerst nicht ein. Sie betonte zwar, dass die Informatio­nen „unverzügli­ch fließen“sollen, aber „wir müssen hier auch eine Interessen­abwägung vornehmen“, betonte sie.

Ein Thema war auch die Einsetzung eines unabhängig­en Informatio­nsbeauftra­gten, wie es ihn etwa in Deutschlan­d, Slowenien oder im Vereinigte­n Königreich gibt. Dieser ist eine beratende Schnittste­lle zwischen Zivilgesel­lschaft und Behörde. Er unterstütz­t Bürger bei der Informatio­nsbeschaff­ung und bei Beschwerde­n, aber auch Beamte in Transparen­zfragen.

Behörde für die Behörden

Ein Informatio­nsbeauftra­gter ist im Regierungs­programm nicht vorgesehen. Stattdesse­n soll die Datenschut­zbehörde „als Beratungs- und Serviceste­lle“den Behörden helfen. Diese Lösung betonte auch Edtstadler. Die Grünen beriefen sich zumindest in der Vergangenh­eit auf das „Hamburger Modell“. In der Hansestadt gibt es seit 2012 neben einer Veröffentl­ichungspfl­icht und einem Onlineregi­ster auch einen solchen Informatio­nsbeauftra­gten.

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Beim runden Tisch der türkis-grünen Regierung zum Transparen­zpaket waren Vertreter aus der Verwaltung sowie von Medien und Transparen­z-NGOs anwesend.

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