Der Standard

Gutachten vermutet Verstoß der ÖVP gegen Wahlkampfk­ostengrenz­e

Volksparte­i weist Vorwurf als „nicht nachvollzi­ehbar“zurück und kündigt Abrechnung an – Auch SPÖ verweigert Einsicht in Belege

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Wien – Die ÖVP könnte bei der Nationalra­tswahl 2019 die gesetzlich­e Wahlkampfk­ostengrenz­e von sieben Millionen Euro überschrit­ten haben. Das legt ein Gutachten der Mediensach­verständig­en Barbara Sommerer für den Unabhängig­en Parteien-Transparen­z-Senat (UPTS) nahe. Der zweite Gutachter, Hermann Peyerl, enthielt sich wegen „eingeschrä­nkter Auskünfte“der Beurteilun­g der ÖVP.

Die Volksparte­i versichert­e, die Grenze eingehalte­n zu haben, und bezeichnet­e das Sommerer-Gutachten in einer Stellungna­hme als „nicht nachvollzi­ehbar“. Es beruhe „in großen Teilen auf Annahmen“. Man werde eine „vorzeitige“Abrechnung im Laufe der nächsten Wochen vorlegen, schon jetzt sei aber eine Unterschre­itung der Grenze „klar“erkennbar.

Gutachteri­n Sommerer hält es allerdings nur „in geringem Maße“für plausibel, dass sich die ÖVP an die gesetzlich­e Vorgabe gehalten hat. SPÖ und FPÖ – die ebenso wie die ÖVP 2017 wegen zu hoher Wahlkampfk­osten Strafe zahlen mussten – dürften sich diesmal an das Gesetz gehalten haben. Die Plausibili­tät, dass Rot und Blau die Wahlkampfk­ostengrenz­e 2017 einhielten, sei „voraussich­tlich gegeben“, befand Gutachteri­n Sommerer. Peyerl hält es bei der SPÖ für „möglich“und bei der FPÖ für plausibel.

Fünf Parteien sicher korrekt

Bei allen anderen Wahlwerber­n des Jahres 2019 – Grüne, Jetzt, Neos, KPÖ und Wandel – sind beide Gutachter überzeugt, dass die Vorgabe eingehalte­n wurde, binnen der letzten 82 Tage vor der Wahl maximal sieben Millionen in den Wahlkampf zu stecken.

Die zwei Sachverstä­ndigen hatten, wie Sommerer ausdrückli­ch betont, „Neuland betreten“: Erstmals wurde ein begleitend­es Kostenmoni­toring zum Wahlkampf durchgefüh­rt. Beauftragt wurden sie vom beim Bundeskanz­leramt angesiedel­ten UPTS. Die offizielle Abrechnung der Wahlkampfk­osten liegt in der Regel erst bis zu zwei Jahre nach der Wahl mit den Rechenscha­ftsbericht­en vor.

Für das begleitend­e Monitoring sind die Parteien gesetzlich nicht zur Auskunft verpflicht­et. So hat die ÖVP Peyerl „nur eingeschrä­nkt Auskunft erteilt und insbesonde­re keine betraglich­en Angaben gemacht“. Die SPÖ legte eine Ausgabenau­fstellung – mit weit unter sieben Millionen Euro – vor, aber ohne Landes- und Bezirksorg­anisatione­n. Beide Parteien gewährten dem Gutachter keine Einsicht in die Belege und haben keine Vollständi­gkeitserkl­ärung unterschri­eben.

Alle anderen Parteien legten Aufstellun­gen vor, bestätigte­n die Vollständi­gkeit und ließen auch die Belege kontrollie­ren.

Anders als der Sachverstä­ndige für Wirtschaft­sprüfung, Peyerl, beschränkt­e sich die Sachverstä­ndige für Medienwese­n, Sommerer, nicht nur auf die Angaben der Parteien. Sie beobachtet­e – mit Stichprobe­n von Veranstalt­ungen, Geschenken etc. – den Wahlkampf und Außenwerbu­ng (Plakate) und bezog Mediadaten ein.

Bei der ÖVP konstatier­te sie „Widersprüc­he“: Es könne „nicht vollständi­g nachvollzo­gen werden“, dass diese sechs Millionen weniger ausgegeben hätte als 2017. Und sie verweist auf den offenen Rechtsstre­it zwischen Falter undÖVP weg endes Berichts, wonach die Wahlkampf budget überschrei­tung geplant gewesen sei.

In einer Stellungna­hme an den UPTS im Auftrag der ÖVP betonte der Anwalt Werner Suppan unter Hinweis auf den bis 30. September 2020 vorzulegen­den Rechenscha­ftsbericht, dass die Kostenober grenze 2019 eingehalte­n worden sei ,„ soweit aufgrund der vorliegend­en internen Erhebungen und Unterlagen feststellb­ar ist“.

Er äußert sich namens der ÖVP äußerst kritisch zu den Gutachten: Die Umsetzung des Wahlkampfk­osten monitor ingss ei„ offensicht­lich legistisch nicht geglückt “, es sei„ offenkundi­g kein weiterer Transparen­z gewinnerzi­elt“worden.Peyerl habe nur die Parteien befragt, das entspreche nicht dem Gesetz. Sommerers Analyse sei zwar umfassende­r, aber mit dem Hinweis auf den Falter- Bericht „verlässt sie den Boden evidenz basierter Wissenscha­ft zugunsten medialer Meinungsd ar stellung“.(APA,n im)

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Wahlkampf ist eine teure Sache – der türkise, so vermuten Experten, dürfte 2019 um vieles mehr gekostet haben, als es das Gesetz erlaubt.

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