Gastronomen über schleppende und fehlgeleitete Corona-Hilfen samt Bürokratie: Ein Rundruf in den Bundesländern
Aufhalten lässt sich das Corona-bedingte Gasthaussterben wohl auch durch Gutscheine nicht. Wifo- Ökonom Oliver Fritz hält nicht rückzahlbare Zuschüsse aber für die beste Form der Hilfe, weil diese die Verschuldung nicht erhöhe.
Bernhard Huemer, Gastronomielegende aus Salzburg, hat für die Debatte über die Unterstützung für Wirte und Kaffeehäuser nur mehr ein mildes Lächeln über. Huemer war zuletzt Pächter des Traditionscafés Wernbacher im noblen Salzburger Andräviertel. Er hat aus der weitaus zu geringen Unterstützung durch die öffentliche Hand rasch die Konsequenzen gezogen und seinen 15 Mitarbeiter zählenden Betrieb Ende April geschlossen.
Die Kurzarbeit sei keine Alternative und der Fixkostenzuschuss wäre erst ab 20. Mai gekommen. Zu spät, sagt Huemer, „Versicherung, Pacht, Internet, Küche und so weiter, die Kosten sind ja weitergelaufen.“Auch Stundungen – etwa durch die Krankenkasse – hätten das Problem „nur nach hinten verschoben“. Zudem sei das Café Wernbacher aufgrund der Architektur so beschaffen, dass wegen der Abstandsregeln aus 26 Tischen indoor ganze zwölf geworden wären. So wäre auch nach der Zwangsschließung kaum Umsatz zu machen gewesen.
So weit ist Cem Korkmaz noch nicht. Er betreibt in Innsbruck drei Kaffeehäuser und eine Kaffeerösterei unter dem Namen „Coffeekult“. Seit der Wiederöffnung nach der Corona-Sperre laufe das Geschäft mehr schlecht als recht. „Mir war es fast lieber, als wir geschlossen hatten“, sagt er. Denn unter den derzeitigen Bedingungen erreiche er nicht ansatzweise den Umsatz, den er vor der Pandemie verzeichnete. „Wirtschaftlich ist das derzeit nicht möglich.“Er spürt Homeoffice sehr stark, weil viel Kundschaft aus den Büros wegfällt. „Das wird sich so bald nicht ändern, diese Lösungen werden sich teils etablieren“, fürchtet Korkmaz. Auch fehlten die Studenten, die sonst gern und viel in seinen Filialen zu Gast waren. „Uns kommt derzeit zugute, dass wir ein Mischbetrieb sind. Die Rösterei hält uns über Wasser, die Gastronomie macht nur mehr 30 Prozent des Umsatzes aus“, rechnet der Unternehmer vor.
Von der staatlichen Hilfe kam bisher nicht viel bei ihm an: „Meine Erwartungen waren sowieso nicht hoch, nachdem das Epidemiegesetz von der Regierung im Hinterzimmer ausgehebelt worden war.“Damit seien Entschädigungszahlungen verhindert worden. Bisher erhielt Korkmaz 1500 Euro an staatlicher Hilfe. Zudem hat er seine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. „Doch die AMSGelder dafür kommen erst mit acht Wochen Verspätung, daher muss ich auch das vorfinanzieren“, kritisiert er. Um wirtschaftlich zu überleben, musste er sogar seine Mutter um ein Darlehen bitte. Korkmaz ist dennoch optimistisch: „Die nächsten ein bis zwei Jahre werden hart. Ich fürchte, wir werden zwar noch einige Kunden der Rösterei verlieren durch Insolvenzen. Aber machbar ist alles.“
Keine Hilfe wegen Investition
Cafetière Christina Hummel vom Traditionscafé Hummel in der Wiener Josefstadt, die ihrem Ärger über schleppende und fehlgeleitete Corona-Hilfen in den vergangenen Tagen Luft gemacht hat – wie Cafe-Landtmann-Eigner Berndt Querfeld im STANDARD –, hofft jetzt auf den Topf für Fixkostenzuschüsse. Man rechne gerade aus, was an Mieten, Strom etc. in den Monaten des Betretungsverbots angefallen ist. Sie hofft, dass nun klappt, was beim Härtefallfonds nicht funktionierte, weil sie in ihrem Kaffeehaus zu viele Angestellte beschäftigt und das Fremdkapital aufgrund von Investitionskrediten zu hoch war.
Die Wirtshausgutscheine, mit denen das Rathaus die Wiener Haushalte in den nächsten Tagen beglücken wird, hält sie für eine gute Unterstützung – sowohl für die Haushalte als auch für die Betriebe. Damit könnten auch Menschen zum Kaffeehaus- oder Beislbesuch animiert werden, die sonst nicht kämen. „Wir hoffen auf eine unbürokratische Abwicklung“, sagt Kaffeesiederin Hummel optimistisch.
Direktzahlungen oder Zuschüsse hält auch Ökonom Oliver Fritz vom Wifo für die wirkungsvollste Form der Hilfe für Gastronomieund Beherbergungsbetriebe. Eigenkapitalzufuhr in Form nicht rückzahlbarer Zuschüsse sei die einzige Möglichkeit, denn Überbrückungskredite erhöhten die Verschuldung. „Den Wirten ging es schon vor der Krise nicht besonders gut, die Hälfte der Betriebe hat ein negatives Eigenkapital“, warnt der Wirtschaftsforscher und skizziert die Abwärtsspirale:
Durch höhere Schulden würden notwendige Investitionen zum Problem und Eigenmittel aufgezehrt. Im Gegensatz zur Mehrwertsteuersenkung in Deutschland wisse man bei Gastrogutscheinen, dass sie treffsicher sind, sagt Fritz. Natürlich könne man hinterfragen, ob es notwendig ist, gut situierte Haushalte genauso zu fördern wie untere Einkommensschichten, allerdings sei die Hilfe dadurch unbürokratisch.
Nach Vorbild der Stadt Wien, die Wiener und ihre Beisln ebenso fördert wie Taxler, sorgt auch das Burgenland für die Burgenländer und ihre Beherbergungsbetriebe. Für jeden burgenländischen Vollzahler gibt es ab drei Nächten einen Zuschuss des Landes von 75 Euro. Gültig ist diese Aktion ab 1. Juli bis 30. September. Mitte Juni alle burgenländischen Haushalte informiert. Abgerechnet wird vom Betrieb. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ): „Wir wollen die Burgenländerinnen und Burgenland mit dieser Aktion dazu motivieren und animieren, das Burgenland besser kennenzulernen und im Burgenland Urlaub zu machen.“Kopf des Tages Seite 32