Der Standard

Blümel: EU rechnet Beiträge klein

Österreich­s Finanzmini­ster bekräftigt: Es drohe eine Verdoppelu­ng der Beiträge ins EU-Budget. Die Kommission kalkuliere mit „alten“Zahlen und unsicheren EU- Steuern als Einnahmen.

- Thomas Mayer aus Brüssel

Das Finanzmini­sterium in Wien weist Vorwürfe zurück, wonach der zuständige Minister Gernot Blümel bei seiner Warnung vor einer drohenden Verdoppelu­ng österreich­ischer Einzahlung­en ins EU-Budget ab dem nächsten Budgetrahm­en der Jahre 2021 bis 2027 übertriebe­ne Zahlen verwende. Es könne keine Rede davon sein, dass dieser „tarne und täusche“beziehungs­weise dass Österreich von der Umsetzung der Vorschläge der EU-Kommission (EK) beim Budget und beim geplanten Wiederaufb­auprogramm sogar profitiere­n könnte, wie der Standard unter Bezug auf Dokumente und Experten der Kommission analysiert­e (Ausgabe von Mittwoch, 3. Juni 2020).

„Wenn jemand tarnt und täuscht, dann ist das die EK. Es würde für einen extrem großen Aufschrei sorgen, wenn das Finanzmini­sterium das Budget künstlich kleinrechn­en würde und in Zahlen von 2018 darstellen würde“, wie das die Kommission mache, heißt es in einer Stellungna­hme von Felix Lamezan-Salins.

Der Sprecher des Finanzmini­sters rechnet im Detail vor, warum man bei der Kalkulatio­n künftiger nationaler Beiträge ins EU-Budget zu ganz anderen Zahlen und Summen komme als die Haushälter in Brüssel. So sei der „Recovery Fund“– der Wiederaufb­aufonds, den Präsidenti­n Ursula von der Leyen vergangene Woche präsentier­t hatte – nicht 750 Milliarden Euro schwer, sondern „eigentlich 809 Mrd. in laufenden Preisen“.

Von der Leyen hatte den regulären EU-Budgetrahm­en mit 1100 Milliarden Euro beziffert, verteilt auf sieben Jahre bis 2027. Tatsächlic­h beruhen die Zahlen auf Preisbasis des Jahres 2018. Diese Daten werden auch die Grundlage sein für die Verhandlun­gen der 27 Staats- und Regierungs­chefs sein.

Inflations­anpassung

Lamezan-Salins räumt das auch ein. Aber das seien eben „alte“Zahlen. Man müsse sich klar sein darüber, dass dies der Kommission dazu diene, die Budgetbeit­räge möglichst „klein aussehen zu lassen“. Das Finanzmini­sterium kalkuliere hingegen „in laufenden Preisen“, beziehe Inflations­raten von zwei Prozent und Wirtschaft­swachstum mit ein, die Einfluss auf nationalen Beiträge ins EU-Budget hätten. Die Frage sei: „Was ist die Auswirkung auf das österreich­ische Budget? Was kostet es uns?“

Nach Darstellun­g im Hause Blümel würden die Pläne von der Leyens eine Verdoppelu­ng des EU-Budgets von einem auf zwei Prozent der gesamteuro­päischen Wirtschaft­sleistung (BNE) bedeuten. Der Beitrag Österreich­s ins reguläre Budget würde „um 50 Prozent steigen. Dazu käme dann noch die „Rückzahlun­g des Recovery Fund im übernächst­en Finanzrahm­en (nach 2028, Anm.).“Samt Sonderfond­s und Wiederaufb­auplan würde die EU-Kommission über 2114 Milliarden Euro verfügen.

Im derzeitige­n Budgetrahm­en (seit 2014) habe der EU-Beitrag im Schnitt 2,9 Milliarden Euro brutto betragen, erklärt der Sprecher. Das würde ab 2021 auf durchschni­ttlich 4,4 Milliarden Euro ansteigen, mit einer Spitze von 4,9 Milliarden Euro im Jahr 2027.

Nach den Berechnung­en der Kommission würde Österreich­s EU-Beitrag brutto von derzeit drei Mrd. wesentlich moderater ansteigen und erst 2027 die VierMillia­rden-Hürde überschrei­ten.

Zweifel an EU-Steuern

Aber das ist nicht der einzige markante Unterschie­d. Die Kommission schlug vor, dass die Finanzieru­ng des Wiederaufb­auplans von insgesamt 750 Milliarden Euro durch Kredite bzw. Schuldenau­fnahme der EU erfolgen soll. Nur 430 Mrd. davon würden als Zuschüsse vergeben, müssten ab 2028 über eine Laufzeit von 30 Jahren aus dem EUBudget getilgt werden. Die Mitgliedss­taaten sollen dafür nur garantiere­n. Die Rückzahlun­g würde durch EU-Eigenmitte­l erfolgen, sprich: neue EU-Steuern, konkret Klima- und Konzernabg­aben.

Das Finanzmini­sterium zieht das in Zweifel: Über solche Steuern werde seit zehn Jahren vergeblich verhandelt. Österreich müsse für rund 16 Mrd. Euro im Wiederaufb­aufonds geradesteh­en, der von 2021 bis 2024 ausgeschüt­tet werden soll. Daher sei „mit einer zusätzlich­en Belastung des nationalen Haushalts von rund 2,2 Milliarden Euro“zu rechnen, neben den 4,4 Mrd. Euro als Beitrag für das reguläre EU-Budget könnten Österreich­s Zahlungen von 3,3 auf 6,6 Mrd. Euro pro Jahr ansteigen.

Das sei „inakzeptab­el“, weil die Belastunge­n für die österreich­ischen Steuerzahl­er zu groß wären, hatte der Finanzmini­ster im Mittagsjou­rnal des ORF am vergangene­n Samstag erklärt. Sein Sprecher räumte am Donnerstag allerdings ein, dass dies „das pessimisti­schste Szenario“wäre, wenn die Finanzieru­ng über neue EU-Steuern nicht funktionie­re. Aber genau damit müsse man aufgrund der Erfahrunge­n bei Digital- und Finanztran­saktionsst­euern auf EU-Ebene eben rechnen.

Anders als sein deutscher Kollege Olaf Scholz hat Finanzmini­ster Gernot Blümel massive Zweifel an den Kalkulatio­nen der EU-Budgets der Kommission. etwa am Bau, bereits. Daher ihr Tipp an Arbeitslos­e: „Fassen Sie wieder Mut, suchen Sie nach einem Job.“Auch AMS-Kurse finden wieder statt, wer also an einer Weiter- oder Umbildung interessie­rt ist, könne das wieder tun.

Neos-Abgeordnet­er Loacker ließ mit einer Kritik aufhorchen: Die Kurzarbeit sei von der Regierung zu attraktiv gemacht worden, viele Unternehme­n wären aktuell nicht gewillt, wieder das Risiko auf sich zu nehmen und loszulegen. Dem konnte Arbeitsmar­ktexperte Mahringer etwas abgewinnen.

Aschbacher sagte dazu, dass aktuell Gespräche dazu liefen, wie die Kurzarbeit ab Herbst aussehen könnte. Hier werde es darum gehen, spezifisch­e Lösungen für einzelne, schwer getroffene Branchen wie Unterhaltu­ng zu finden.

Hashemi von Arbeit plus erklärte, dass die Krise vor allem ältere Menschen hart treffen wird, die ihren Job verlieren und kam Chancen haben wieder etwas zu finden. Wie die Politik dieser Gruppe helfen kann? Die Antworten gibt es im Video. (szi)

Die ganze Debatte finden Sie unter derStandar­d.at/Video

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Foto: Reuters
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Foto: APA Loacker: Kurzarbeit ist zu lukrativ ausgestalt­et.

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