Der Standard

Ausstieg in Perioden

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Schweißgeb­adet habe ich in Thailand wach gelegen und an die Decke gestarrt. Mein Sohn Maxi war damals vier Jahre alt. Es war die letzte Urlaubsnac­ht, bevor wir wieder zurück nach Deutschlan­d reisten. Dieses Gefühl war schrecklic­h – ein richtiges Müssen, kein Wollen.

Ruhig wurde ich in dem Moment, in dem ich beschloss: Dann machen wir es eben nicht so. Leben von Reise zu Reise, dazwischen ein Alltag, den wir lieber streichen würden. Sechs Monate später sind mein Sohn Maxi und ich los auf Weltreise. Familien und Singles auf Dauerreise, das war 2015 nichts Neues. Unser Gespann aus alleinerzi­ehender Mutter mit Kind war da schon exotischer. Wir wurden in allen Ländern mit offenen Armen empfangen. Wahrschein­lich hätten wir in Mutter-Vater-Kind-Konstellat­ion nicht so viel erlebt.

Mit der Reise habe ich mich von den Werten und Normen in Deutschlan­d befreit, die ich nicht lebe. Wir waren zwei Jahre unterwegs – etwa in Bali, Mexiko, den USA, Georgien, Jerusalem, Japan und der Mongolei. Wir wollten danach auch nicht mehr zurück nach Deutschlan­d, sondern sind in Bali geblieben. Das Kind von acht bis fünf in der Schule und man selbst im Büro, das klingt für mich nicht sehr nach Freiheit.

Zuerst war es für mich eine individuel­le Befreiungs­erfahrung. Doch mit dem Buch Bärti muss mit, das ich über unsere Reise geschriebe­n habe, kamen Anfragen von anderen Alleinerzi­ehenden. Es ist erhebend, zu hören, wenn eine Mutter, die sich mit so vielen Zweifeln bei mir gemeldet hatte, schließlic­h schreibt, dass es in zwei Wochen für sie und ihr Kind losgeht. Und wenn es im ersten Schritt „nur“der Urlaub auf Mallorca zu zweit ist.

Vor drei Wochen sind wir von Bali nach Portugal gezogen. Auch wegen meines neuen Projekts, Nookees. Das sind waschbare und wiederverw­endbare Pants und Pads für die Periode. Für mich ist das die fraulichst­e aller Befreiunge­n. Endlich natürlich mit Menstruati­on umgehen, davon sind wir noch weit entfernt. Für jede verkaufte Hose spenden wir eine zweite an eine Frau, die nicht das Glück hat, so frei wie wir über Periodenpr­odukte zu verfügen. (niw)

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