Der Standard

Ibiza-Video war Nehammer nicht der Rede wert

Der Innenminis­ter erzählte Justizmini­sterin Alma Zadić über „Ermittlung­serfolge“der Soko Tape – erwähnte dabei aber nicht, dass die Polizei mit dem Ibiza-Video das begehrtest­e Beweismitt­el des Verfahrens gefunden hatte.

- Fabian Schmid, Sebastian Fellner

Man kann mehr als zehn Minuten benötigen, um auf eine einfache Frage mit „Ja“oder „Nein“zu antworten. Das bewies am Freitag Innenminis­ter Karl Nehammer vor dem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zur Ibiza-Affäre. Mehrfach wollte Neos-Fraktionsf­ührerin Stephanie Krisper von ihm wissen, ob er Justizmini­sterin Alma Zadić vom Fund des Ibiza-Videos erzählt hatte. Nehammer wand sich um eine konkrete Antwort herum und sprach davon, dass er sie fragte, ob sie nicht wegen der „Ermittlung­serfolge“der Soko Tape eine gemeinsame Pressekonf­erenz abhalten wollten. Erst wiederholt­es Nachbohren entlockte Nehammer die Formulieru­ng, er habe das Video „nicht explizit oder im Detail“erwähnt.

Zadić beantworte­te die Frage rund zwei Stunden später aus ihrer Perspektiv­e: Sie habe vom Fund des Videos aus den Medien erfahren – ebenso wie die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA). Einzig die Staatsanwa­ltschaft Wien sei schon früher von der Soko Tape eingebunde­n worden; von dort aus schaffte es die Informatio­n über das Video aber auch nicht zur Ministeriu­msspitze.

Dreiecksbe­ziehung

Zadić ist hier anderer Ansicht als die Soko: Sowohl WKStA als auch StA Wien seien Auftraggeb­er der Ermittler, beide hätten über den Videofund informiert werden müssen. Die Soko sagt hingegen, dass die StA Wien ebenjene Hausdurchs­uchung in Auftrag gegeben habe, bei der das Video entdeckt worden sei. Dann hätte ja die StA Wien ihre Kollegen von der WKStA informiere­n können.

Übrig blieb nach der Befragung jedenfalls das Bild eines verbesseru­ngswürdige­n Umgangs zwischen den einzelnen Organisati­onen. Die Abgeordnet­en sollen in rund zwei Wochen die Möglichkei­t erhalten, das Video zu sehen. Bis dann soll die Soko Tape das Video gesichtet und ihren Bericht an die Staatsanwa­ltschaften weitergele­itet haben.

Ansonsten gab sich vor allem Innenminis­ter Karl Nehammer zugeknöpft. Er verwies, ebenso wie Zadić, auf die knappe Vorbereitu­ngszeit: Die Ladung der beiden Minister war erst 24 Stunden vorher erfolgt. Ihn habe in den vergangene­n Wochen die Corona-Krise weitaus mehr beschäftig­t als das Ibiza-Video, so Nehammer.

Deshalb konnte er auch nicht erklären, warum die falsche Oligarchen­nichte mit Fotos zur internatio­nalen Fahndung ausgeschri­eben wurde. Ihm sei nicht bekannt, dass sie einer erhöhten Gefährdung­slage ausgesetzt sei, wie laut Falter ein deutscher Beamter den Beamten mitgeteilt hat.

Ping-Pong-Spiel um Bericht

Justizmini­sterin Zadić wurde in weiterer Folge auch zu einer möglichen Befangenhe­it von Sektionsch­ef Christian Pilnacek befragt. Diesem war vom damaligen Generalsek­retär im Finanzmini­sterium und heutigen Öbag-Chef Thomas Schmid, der in der Causa Casinos Beschuldig­ter ist (siehe Text Seite 25), zu einem Auftritt in der ZiB 2 gratuliert worden. Pilnacek repliziert­e, dass ihm diese Rückmeldun­g viel bedeute. Das wurde geprüft, ergebe aber keine Befangenhe­it, so Zadić. Allerdings zeigen Unterlagen, die dem U-Ausschuss vorliegen, dass die Oberstaats­anwaltscha­ft Wien den Bericht zu dieser SMS, der von der WKStA stammte, eigentlich nicht an die Justizmini­sterin übermittel­n wollte. So meinte die Oberstaats­anwaltscha­ft, die WKStA wisse nicht, wie „interminis­terielle Kommunikat­ion“zwischen Spitzenbea­mten – also Schmid und Pilnacek – normalerwe­ise ablaufe und könne daher keine Befangenhe­it beurteilen. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft insistiert­e auf eine Prüfung, schlussend­lich gelangte der Bericht doch zu Zadić.

Nächste Woche wendet sich der Ausschuss dann der Casinos-Affäre zu. Am Dienstag sind einstige Novomatic-Manager geladen, am Mittwoch der frühere FPÖ-Abgeordnet­e Markus Tschank, eine zentrale Figur des blauen Vereinsnet­zwerks.

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Justizmini­sterin Alma Zadić und Innenminis­ter Karl Nehammer betonten beide, wie gut sie miteinande­r arbeiten. Doch bei ihren Mitarbeite­rn dürfte sich das anders gestalten.
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