500 frühzeitige Todesfälle durch Hitze
Die Klimakrise führt in Österreich zu einer Mehrbelastung des Gesundheitssystems. Dieses trägt selbst stark zum Treibhausgasausstoß bei. Auch die ökonomischen Folgen sind schwerwiegend.
Wer derzeit aus dem Fenster blickt, mag es kaum glauben – doch das heurige Frühjahr zählte zu den der trockensten seit Beginn der Aufzeichnung. In den vergangenen Jahren reihte sich ein Hitzesommer an den anderen. Die Klimakrise hat in Österreich nicht nur starke Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die Gesundheit: Seit 2013 gab es hierzulande durchschnittlich 500 Hitzetote pro Jahr. 2018 lag der Wert sogar bei über 700 frühzeitigen Todesfällen – und überstieg damit die Zahl der Verkehrstoten, wie Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Freitag vorrechnete.
Diese gesundheitliche Mehrbelastung werde auch ökonomische Folgen mit sich bringen, sagte Gewessler anlässlich des Weltumwelttags. Sie rechnet mit Kosten von bis zu 2,3 Milliarden Euro pro Jahr, die bis 2030 durch Klimafolgen zusätzlich auf das Gesundheitssystem zukommen. Bis 2050 dürften sie auf 5,7 Milliarden steigen. Hinzu kämen bis zu zehn Milliarden Euro durch die Folgen von Umweltkatastrophen.
Die Gesundheit sei von der Klimakrise nicht nur „akut betroffen“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), das Gesundheitssystem treibe diese auch voran. Insgesamt verursache es rund 6,8 Megatonnen CO2Äquivalente – das sind rund sieben Prozent des Treibhausgasausstoßes in Österreich. Eingerechnet wurden dabei etwa die nötige Energieversorgung, das Spitalswesen und die Arzneimittelherstellung.
Neben den direkten Auswirkungen erzeuge die Erderwärmung auch Sekundäreffekte im Gesundheitsbereich, erklärte Anschober. So würden sich Infektionskrankheiten, die bisher in den Tropen heimisch waren, nach Europa bewegen. In anderen Ländern rufe die Klimakrise wiederum Veränderungen hervor, die zu Fluchtbewegungen führen könnten.
„Es wird in der nächsten Zeit durch den Temperaturanstieg garantiert zu vermehrten Problemen kommen“, bestätigte der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Dass Handeln gefragt sei, begründete der Arzt auch ökonomisch: „Während der Hitze kommt es zu Leistungseinbußen, etwa im Büro.“So entstünden den Betrieben zusätzliche Kosten. Nicht außer Acht zu lassen sei auch die psychische Beeinträchtigung durch Hitzewellen. Hutter warnte zudem vor langfristigen Schäden: Durch das Auftauen des Permafrostbodens könnten Bakterien und Viren „wiederweckt“werden, die lang als verschwunden galten.
An Hitzetagen ist Abkühlung wichtig – gerade in Städten ist sie nicht immer leicht zu finden.
„Die Wissenschaft wurde in der Corona-Krise sehr ernst genommen – genau dasselbe brauchen wir in der Klimakrise“, sagte Anschober. Zusammen mit der Ages habe man die Übersterblichkeit durch die Erderwärmung untersucht, diese sei mittlerweile „sehr, sehr beachtlich“. Besonders gefährdet seien – wie auch beim Coronavirus – ältere Menschen.
Die Ministerien wollen Länder und Kommunen künftig besser da
bei unterstützen, Überwachungsund Frühwarnsysteme einzurichten. Wien gehe dabei beispielgebend voran, sagte der Gesundheitsminister und lobte die Einrichtung von „coolen“Straßen, die im Sommer durch Wasser und Beschattung gekühlt werden. Gerade in urbanen Ballungszentren sei die Hitze besonders schwer erträglich, so Anschober. Konkretere Schritte wurden am Freitag nicht genannt.