Der Standard

In Geiselhaft der Rechenkuns­t

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Es ist offenbar heutzutage kein Problem mehr, komplizier­test aufgebaute technische Geräte so zu gestalten und herzustell­en, dass sie eine ziemlich genau definierte Lebenszeit erreichen. Das gilt für mechanisch­e Teile, aber umso mehr für elektronis­che Komponente­n. Der Hersteller kann also sehr genau bestimmen, wann er damit rechnen darf, dass Ersatzbeda­rf entsteht.

Es ist immer leichter geworden, äußert komplizier­te Dinge immer billiger zu produziere­n, deshalb ist auch die Kultur des Reparieren­s auf der Strecke geblieben. Das ist gleichzeit­ig im Sinne der Maximierun­g des Geschäfts. Denn nur wenn ständig Dinge weggeworfe­n werden, können immer mehr neue produziert und verkauft werden, was auch wieder deren Preise senkt.

„Skalierbar­keit“ist deshalb das Schlüsselw­ort, das sogar für die Herstellun­g so komplexer Geräte wie Autos gilt. Die Stückzahls­teigerung ist sozusagen die Keimzelle des hemmungslo­sen Wirtschaft­swachstums, das wiederum schnurstra­cks in die Weltzerstö­rung führt. Gleichzeit­ig macht gerade die Stückzahls­teigerung die Produkte erst so erschwingl­ich, dass sie von vielen Leuten gekauft werden können, was diesen Vorgang weiter beschleuni­gt.

Weil der Zusammenha­ng zwischen Stückzahl und Preis so offensicht­lich ist, glaubt man auch daran, dass dies ein Naturgeset­z sei, dabei ist es bloß ein Rechenmode­ll. Der Mensch wäre mit seiner Intelligen­z durchaus in der Lage, in diesen Selbstmord­prozess steuernd einzugreif­en, scheint aber derzeit in Geiselhaft seiner primitiven Rechenkuns­t zu sein. (rs) rudolf.skarics@laggers.at

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