Der Standard

Das Schweigen der Paare

- ➚ Astrid Ebenführer

Sie wohnen in gläsernen Vorstadtvi­llen mit akkuraten Gärten, Hometraine­rn und Jacuzzis auf der Terrasse, gehören zur gehobenen Mittelschi­cht, machen Karriere. Von nichts kommt ja nichts. Da bleibt wenig Zeit für die Kinder. Töchter werden ins Tenniscamp an den Gardasee geschickt, Söhne vor Videospiel­en geparkt. Miteinande­r geredet wird wenig, jeder bleibt sich selbst überlassen. Im Mittelpunk­t des neuen Tatort aus München mit dem trügerisch poetischen Titel Lass

NEUER „TATORT“AUS MÜNCHEN MIT BATIC UND LEITMAYR

den Mond am Himmel stehn (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD, ORF 2) stehen die befreundet­en Fassadefam­ilien Kovacic und Schellenbe­rg, denen ihr bisheriges Leben wegbröckel­t.

Düster, kalt und schweigsam ist diese Folge, Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) haben den Mord am 14-jährigen Emil Kovacic aufzukläre­n. Seinen letzten Abend verbrachte der Bub zockend mit Freund Basti Schellenbe­rg. An einem Parkplatz, der als Treffpunkt für anonymen Sex bekannt ist, verliert sich dann Emils Spur.

Verdächtig­e gibt es viele, Vernehmung­en ebenso. Aber den beiden Ermittlern, die sonst mit Kalauern nicht geizen, vergeht zunehmend das Reden, der Schmäh sowieso. Nicht sie sind die Hauptfigur­en, der österreich­ische Regisseur Christophe­r Schier und die Autoren Stefan Hafner und Thomas Weingartne­r legen den Fokus auf die Elternpaar­e, die allein still leiden, sich nichts zu sagen haben.

Das Ende lässt nicht nur die Kommissare traurig und ratlos zurück. Weil die Aufklärung des Mordes keine Erleichter­ung ist. Für niemanden.

dst.at/TV-Tagebuch

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