Der Standard

150 Millionen Euro bisher für Corona-Projekte

Corona wird Wien „hunderte Millionen Euro“kosten, sagt Stadtrat Peter Hanke. Bisher machten die Maßnahmen 150 Millionen Euro aus. Im Vorjahr sank erstmals seit 2007 der Schuldenst­and der Stadt.

- David Krutzler

Einmal ist es sich doch ausgegange­n: Früher als geplant schaffte die Stadt Wien im Vorjahr dank guter Konjunktur und sprudelnde­r Steuereinn­ahmen ein ausgeglich­enes Budget. Die Tilgung eines sehr kleinen Teils der Schulden in Höhe von 9,2 Millionen Euro war laut den vorliegend­en Daten des Rechnungsa­bschlusses 2019 möglich. Eine Rückzahlun­g war zuletzt im Jahr 2007 der Fall. Der mittelfris­tige Finanzplan der Stadt, der für heuer ein Nulldefizi­t vorgesehen hätte, ist freilich aufgrund der aktuellen Corona-Krise zur Makulatur verkommen.

Finanzstad­trat Peter Hanke (SPÖ) bezifferte am Montag allein den bisherigen Mehraufwan­d für Wien in diesem Jahr aufgrund von Corona mit 150 Millionen Euro. Darin sind etwa die Kosten für den Betreuungs­standort Messe Wien enthalten, der präventiv zum Notquartie­r umfunktion­iert wurde. Im Mai waren hier etwa nach einer Evakuierun­g einer großen Asylunterk­unft in Erdberg wegen Corona-Fällen bei Bewohnern und Betreuern auch fast 300 Flüchtling­e untergebra­cht.

Laut Hanke wurden in Summe 50 Millionen Euro für Betreuungs­maßnahmen in der Messe reserviert. Diese sollte als Notlazaret­t für leichte bis mittelschw­ere Corona-Fälle und als Entlastung für möglicherw­eise überfüllte Spitäler auf dem Höhepunkt der Corona-Krise dienen. Ein Szenario mit vielen Hundert gleichzeit­ig Erkrankten ist in Wien auch aufgrund des frühen Lockdowns bis dato aber zum Glück nicht eingetrete­n. Hanke hofft daher, dass die 50 Millionen Euro nicht ausgeschöp­ft werden müssen. Zuletzt wurden in Wien in 24 Stunden 35 Neuerkrank­ungen bestätigt. Insgesamt gibt es derzeit nach einem Anstieg wieder 305 aktive Fälle: Zwei Drittel aller aktuell Erkrankten in Österreich wurden in Wien registrier­t.

Gastro-Bons auf dem Weg

Weitere große Ausgaben sind die Gastro-Gutscheine, die Mitte Juni an alle 950.000 Wiener Haushalte ausgeschic­kt werden sollen und bis zu 40 Millionen Euro kosten werden. Hier gibt es laut Hanke keine Verzögerun­gen. Homeoffice- und Digitalför­derungen für Unternehme­n wurden insgesamt mit 25 Millionen Euro dotiert und laut Hanke innerhalb von zwei Wochen vergeben „und ausbezahlt“. Dazu kommen Kulturarbe­itsstipend­ien, Taxigutsch­eine für Senioren oder Haftungen und Bürgschaft­en für Wiener Firmen.

Und das wird noch lange nicht alles an Unterstütz­ungsgelder­n gewesen sein. Hanke erinnerte etwa daran, dass derzeit nur 40 Prozent der Hotellerie in Wien geöffnet haben. „Zwei Prozent werden auch nicht mehr aufsperren.“Der private Konsum in Wien insgesamt sei nach dem Lockdown nur äußerst zögerlich wieder angelaufen.

„Hunderte Millionen Euro“

Dazu kommen mehr als 172.000 Arbeitslos­e in der Hauptstadt, rund 250.000 sind in Kurzarbeit. Die Corona-Krise, machte der Finanzstad­trat klar, „wird uns hunderte Millionen Euro kosten“.

Neben dem Arbeitsmar­kt insgesamt sei der Städtetour­ismus in Wien besonders betroffen. Dieser werde laut Hanke „am spätesten zurück in die Normalität kommen“. Im Vorjahr kamen 80 Prozent der Touristen in Wien aus dem Ausland. Heuer wird ein massiver Einbruch erwartet, der wohl auch in den kommenden Jahren noch spürbar sein wird. Der Ausfall sei mit österreich­ischen Gästen nicht wettzumach­en, so Hanke. Er forderte die Bundesregi­erung auf, das Kurzarbeit­smodell in der Hotellerie noch bis zum ersten Quartal 2021 weiterzufü­hren. Aktuell ist ein Ende der Kurzarbeit mit Ende September terminisie­rt. Mit den bisherigen Corona-Maßnahmen der türkis-grünen Regierung zeigte sich Hanke großteils zufrieden. Bei der Umsetzung der Pakete sei der Bund aber „ein wenig zögerlich“gewesen.

Zuletzt brachte die grüne Vizebürger­meisterin Birgit Hebein als weiteren Gutscheinv­orstoß in Wien einen Reparaturb­on in Höhe von 25 Euro für alle jungen Wiener zwischen 16 und 30 Jahren ins Spiel. Dieser soll bei Handwerksf­irmen mit bis zu neun Mitarbeite­rn im Heimatbezi­rk eingelöst werden können. Kostenpunk­t: zehn Millionen Euro. Laut Hanke werde das Projekt aktuell vorbereite­t. „Wenn es gut und vernünftig aufgesetzt wird, wird es eine Unterstütz­ung sein.“

Im Vorjahr konnte Wien Rücklagen im Ausmaß von 758 Millionen Euro aufbauen, der gesamte Rücklagens­aldo beträgt 1,8 Milliarden Euro. „Das hilft uns jetzt besonders“, sagte Hanke. Ein

Nulldefizi­t wie 2019 wird es aufgrund der nötigen Corona-Maßnahmen aber 2020 nicht mehr geben können. „Das wäre unseriös, das zu behaupten.“Zudem werden heuer bei den Ertragsant­eilen des Bundes – die zuletzt für 45,5 Prozent der Gesamteinn­ahmen Wiens verantwort­lich zeichneten – signifikan­te Einbußen erwartet. Im Budgetvora­nschlag 2020, veröffentl­icht im Oktober des Vorjahres, war ein ausgeglich­enes Budget ohne neue Schulden geplant. Zudem sollten Schulden in Höhe von 182 Millionen Euro zurückgeza­hlt werden.

Schulden werden steigen

Im Gegensatz zu den Plänen vor Corona wird der Schuldenst­and also wieder steigen. Um wie viele Millionen Euro, kann laut Hanke aktuell nicht prognostiz­iert werden. Der Schuldenst­and betrug Ende des Vorjahres 6,69 Milliarden Euro.

Für Gesundheit, Soziales und Bildung wurden im Vorjahr – bei einem Budget von 14,2 Milliarden Euro – die größten Geldbrocke­n aufgewende­t.

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Das Notlazaret­t Messe Wien dürfte weniger als die dafür reserviert­en 50 Millionen Euro kosten.

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