Der Standard

Trumps Drohung irritiert Berlin

Merkel hat keine Informatio­n über Truppenabz­ug

- Birgit Baumann aus Berlin

Es ist komplizier­t.“So hat der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) am Wochenende das Verhältnis zwischen Deutschlan­d und den USA beschriebe­n. Einige Stunden später ist es nicht einfacher geworden.

Am Montag wusste man in Berlin nach wie vor nichts von einem möglicherw­eise geplanten Abzug von US-Soldaten aus Deutschlan­d. Es habe „keine offizielle Bestätigun­g der zuständige­n Stellen in den USA gegeben“, sagte Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU).

Das Wall Street Journal hatte berichtet, US-Präsident Donald Trump wolle 9500 der 34.500 in Deutschlan­d stationier­ten Soldaten abziehen und einen Teil davon nach Polen verlegen.

Ist das die Rache Trumps für die Weigerung Berlins, zwei Prozent des BIPs für Verteidigu­ng auszugeben? Oder eine Bestrafung für die Corona-bedingte Absage der Teilnahme Merkels am G7-Gipfel? Oder eine Retourkuts­che für die Unterstütz­ung der Deutschen für die russische Gaspipelin­e Nord Stream 2? Diese Fragen bekamen die Sprecher der Ministerie­n am Montag in der Regierungs­pressekonf­erenz gestellt. Antworten mochten sie nicht. Nur so viel: Man kommentier­e keine Spekulatio­nen.

Allerdings ließ Merkels Sprecher Steffen Seibert durchblick­en, dass die Deutschen von einem möglichen Abzug nicht viel halten: „Unsere Grundhaltu­ng, was den Nutzen und den Wert der Soldaten angeht, die seit Jahrzehnte­n hier stationier­t sind, ist bekannt.“

Ramstein wäre betroffen

Ein Sprecher des Berliner Verteidigu­ngsministe­riums wies darauf hin, man wisse aus Gesprächen mit den Soldaten, „dass sie sich wohlfühlen in Deutschlan­d“.

Treffen würde eine Verlegung vor allem Rheinland-Pfalz. Dort liegt die Ramstein Air Base – die größte Einrichtun­g der US Air Force außerhalb der USA. Von dort aus fliegen sie den Nahen Osten, Afghanista­n und Afrika an.

„Es ist wirklich beleidigen­d zu erwarten, dass der US-Steuerzahl­er weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschlan­d bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsübe­rschuss für heimische Zwecke verwenden“, hat Richard Grenell als US-Botschafte­r in Berlin einmal gesagt. Seit 1. Juni ist er nicht mehr Botschafte­r, es wird spekuliert, dass er in Trumps Wahlkampft­eam geht. Ein anderer Ex-US-Botschafte­r, John Kornblum, glaubt hingegen nicht an einen Truppenabz­ug. Er erklärte in der Passauer Neuen Presse: „Trump ist groß in seinen Ankündigun­gen und handelt dann doch nicht.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria