Der Standard

Kroatien fühlt sich von Österreich diskrimini­ert

Reisende aus dem beliebten Urlaubslan­d müssen noch immer in Quarantäne oder sich testen lassen

- Adelheid Wölfl

Jetzt ist man nicht nur in Ljubljana, sondern auch in Zagreb sauer auf Wien. Die Entscheidu­ng, Reisen nach Kroatien zu „verbieten“, sei tendenziös und egoistisch, schrieben Medien zu Wochenbegi­nn. Denn jene Reisenden, die aus Kroatien kommend nach Österreich einreisen, müssen weiterhin eine zweiwöchig­e Quarantäne antreten.

Indirekt verhindert das, dass Österreich­er einen Urlaub in Kroatien buchen, denn keiner hat Lust darauf, 14 Tage danach zu Hause sitzen zu müssen oder einen teuren Covid-19-Test zu machen. Aber auch Kroaten können noch nicht nach Österreich einreisen.

„Die Entscheidu­ng wird in Kroatien als unfair, unsolidari­sch und uneuropäis­ch gesehen“, sagt der Ökonom Damir Novotny zum STANDARD. „Zwölf Prozent unserer Touristen sind aus Österreich, sie sind enorm wichtig“, erklärt er. Ohne slowenisch­e, deutsche und österreich­ische Touristen werde die kroatische Tourismus-Branche dieses Jahr zerstört sein.

Offen ist, ob an der Grenze Reise-Rückkehrer wirklich in Quarantäne geschickt werden, denn die österreich­ische Miliz wird dort sukzessive abgezogen. Zudem kann man auch angeben, nur in Slowenien gewesen zu sein. Denn für Reisende aus Slowenien gilt die österreich­ische Quarantäne­Regelung nicht mehr. Schon bisher war die österreich­ische Vorgehensw­eise dort als von Willkür gezeichnet empfunden worden.

Dabei haben sowohl Slowenien als auch Kroatien die Pandemie effektiver und früher eingeschrä­nkt als Österreich. In Kroatien sind zur Zeit etwa 30 Personen infiziert, der Reprodukti­onsfaktor liegt bei Null – es gibt fast keine neuen Ansteckung­en. Bisher sind 104 Personen an Covid-19 verstorben.

„Politische Entscheidu­ng“

„Das ist eine rein politische Entscheidu­ng“, meint Novotny zur derzeitige­n Wiener Position. „Für Wirtschaft­skreise in Kroatien ist die Haltung überrasche­nd, weil sie nicht mit Zahlen begründbar sei. Österreich­ische Investoren in Istrien erwarten zudem Gäste aus Österreich, für die ist das wirklich schlimm. Dabei unterstütz­t die kroatische Regierung auch diese Investoren mit Soforthilf­e“, so Novotny.

Der kroatische Innenminis­ter Davor Božinović vermied Kritik und meint: „Kroatien ist offen, die Österreich­er wissen das und sie kommen.“Besonders ungerecht ist die österreich­ische Quarantäne-Politik aber angesichts jener, die aus Deutschlan­d einreisen. Denn für diese Deutschen oder andere EU-Bürger gelten so viele Ausnahmen, dass sie praktisch schon seit langem ohne Quarantäne-Verpflicht­ung und ohne Tests kommen können, obwohl Covid19-Infektione­n in Deutschlan­d stärker verbreitet sind. Die empfundene Diskrimini­erung von Slowenien und Kroatien – übrigens auch Italiens – könnte auch noch ein Fall für EU-Juristen werden.

In Slowenien fiel der Reprodukti­onsfaktor bereits am 3. April unter eins. Ab dem 15. Mai konnten EU-Bürger ohne Restriktio­nen einreisen – doch die Österreich­er zogen nicht mit. Das Ziel der österreich­ischen Regierung sei, die potenziell­en Urlauber zu Hause zu halten, damit das Geld im Lande bleibe, meint man nun auch in Zagreb.

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Wegen der aktuellen österreich­ischen Corona-Politik ist die Rückreise aus Kroatien mit Hinderniss­en verbunden.

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