Kritik an Ausschreibung für Salzburger Frauenhäuser
Sorge um Unabhängigkeit der Einrichtungen – Künftig weniger Plätze mit höchster Sicherheitsstufe
Salzburg – Trotz massiver Kritik startete am Dienstag die Ausschreibung für zwei Salzburger Frauenhäuser. Die von der Salzburger Frauenlandesrätin Andrea Klambauer (Neos) installierte Expertenkommission hat sich zwei Mal getroffen, um die Eckpunkte der EU-weiten Offerte festzulegen. Das Ergebnis ist freilich fast ident mit den Plänen, die Klambauer zuvor schon hatte.
Es wird ein zweistufiges Verfahren: In der ersten Phase wird die Eignung und Zuverlässigkeit der Bewerber beurteilt. In der zweiten Phase sollen dann bis zu zehn Bewerber ein Konzept vorlegen.
„Es braucht ein Konzept, das unterschiedliche Gefährdungsstufen und Betreuungsintensitäten berücksichtigt“, sagt Klambauer. Es werde weiterhin 27 Plätze in Schutzunterkünften mit verschiedenen Sicherheitsstandards geben. De facto bedeutet das weniger Plätze mit der höchsten Sicherheitsstufe, wie sie derzeit in den beiden Frauenhäusern in Hallein und Salzburg umgesetzt ist, was Klambauer nach mehrmaligem Nachfragen auch eingesteht. „Zumindest ein Frauenhaus mit den höchsten Sicherheitsvorkehrungen bleibt bestehen.“
Die Frauenlandesrätin betont, dass es nicht um Einsparung gehe. Bei der Auswahl der Konzepte würden zu 60 Prozent die Qualität und zu 40 Prozent die Kosten beurteilt werden. Vorkenntnisse in der Frauenhausarbeit sind für die Einreichung nicht erforderlich, es braucht lediglich Erfahrung im Sozialbereich.
Die bisherigen Leiterinnen der Frauenhäuser hängen in der Luft. Ihr Vertrag läuft mit Ende des Jahres aus. De facto müsse sie noch im Juni die Mitarbeiterinnen kündigen, sagt Doris Weißenberger vom Frauenhaus Hallein. Während des Corona-Lockdowns lebte sie fast in der Schutzeinrichtung, um für die von Gewalt betroffenen Frauen da zu sein. Wie es nun für die Mitarbeiterinnen und die derzeit untergebrachten Frauen weitergehe, sei unklar. Eine Bewerbung ist für die Leiterinnen ausgeschlossen, um nicht an einer „Selbstzerstörung“mitzuarbeiten.
„Es braucht die Plätze“
„Es braucht die Plätze im Frauenhaus, für zusätzliche wären wir immer bereit gewesen“, betont die Leiterin des Salzburger Frauenhauses Birgit Thaler-Haag. Die Ausschreibung bevorzuge große Träger und gefährde die Unabhängigkeit der Frauenhäuser. „Frauen, die um ihr Leben fürchten müssen, brauchen umfangreichen Schutz. Da reicht es nicht, wenn nur alle paar Tage eine Betreuungsperson vorbeikommt“, betont Thaler-Haag.
Das Vorhaben sorgte bundesweit für Kritik. Eine Petition für den sofortigen Stopp der Ausschreibung wurde bereits 11.000 Mal unterschrieben. Der Österreichische Frauenring bezeichnet es als „Anschlag auf die FrauenhausBewegung“und appelliert an die Landesrätin, frauenpolitische Expertinnen ernst zu nehmen.
Auch SPÖ und FPÖ stemmen sich dagegen. Landtagsabgeordnete Karin Dollinger (SPÖ) kritisiert, dass eine funktionierende Struktur ohne Not zerstört werde, und ortet ein „volles Chaos“, da der Betrieb, nur bis Ende 2020 garantiert sei. Die SPÖ fordert von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) einen Stopp der Ausschreibung.