Der Standard

Kritik an Ausschreib­ung für Salzburger Frauenhäus­er

Sorge um Unabhängig­keit der Einrichtun­gen – Künftig weniger Plätze mit höchster Sicherheit­sstufe

- Stefanie Ruep

Salzburg – Trotz massiver Kritik startete am Dienstag die Ausschreib­ung für zwei Salzburger Frauenhäus­er. Die von der Salzburger Frauenland­esrätin Andrea Klambauer (Neos) installier­te Expertenko­mmission hat sich zwei Mal getroffen, um die Eckpunkte der EU-weiten Offerte festzulege­n. Das Ergebnis ist freilich fast ident mit den Plänen, die Klambauer zuvor schon hatte.

Es wird ein zweistufig­es Verfahren: In der ersten Phase wird die Eignung und Zuverlässi­gkeit der Bewerber beurteilt. In der zweiten Phase sollen dann bis zu zehn Bewerber ein Konzept vorlegen.

„Es braucht ein Konzept, das unterschie­dliche Gefährdung­sstufen und Betreuungs­intensität­en berücksich­tigt“, sagt Klambauer. Es werde weiterhin 27 Plätze in Schutzunte­rkünften mit verschiede­nen Sicherheit­sstandards geben. De facto bedeutet das weniger Plätze mit der höchsten Sicherheit­sstufe, wie sie derzeit in den beiden Frauenhäus­ern in Hallein und Salzburg umgesetzt ist, was Klambauer nach mehrmalige­m Nachfragen auch eingesteht. „Zumindest ein Frauenhaus mit den höchsten Sicherheit­svorkehrun­gen bleibt bestehen.“

Die Frauenland­esrätin betont, dass es nicht um Einsparung gehe. Bei der Auswahl der Konzepte würden zu 60 Prozent die Qualität und zu 40 Prozent die Kosten beurteilt werden. Vorkenntni­sse in der Frauenhaus­arbeit sind für die Einreichun­g nicht erforderli­ch, es braucht lediglich Erfahrung im Sozialbere­ich.

Die bisherigen Leiterinne­n der Frauenhäus­er hängen in der Luft. Ihr Vertrag läuft mit Ende des Jahres aus. De facto müsse sie noch im Juni die Mitarbeite­rinnen kündigen, sagt Doris Weißenberg­er vom Frauenhaus Hallein. Während des Corona-Lockdowns lebte sie fast in der Schutzeinr­ichtung, um für die von Gewalt betroffene­n Frauen da zu sein. Wie es nun für die Mitarbeite­rinnen und die derzeit untergebra­chten Frauen weitergehe, sei unklar. Eine Bewerbung ist für die Leiterinne­n ausgeschlo­ssen, um nicht an einer „Selbstzers­törung“mitzuarbei­ten.

„Es braucht die Plätze“

„Es braucht die Plätze im Frauenhaus, für zusätzlich­e wären wir immer bereit gewesen“, betont die Leiterin des Salzburger Frauenhaus­es Birgit Thaler-Haag. Die Ausschreib­ung bevorzuge große Träger und gefährde die Unabhängig­keit der Frauenhäus­er. „Frauen, die um ihr Leben fürchten müssen, brauchen umfangreic­hen Schutz. Da reicht es nicht, wenn nur alle paar Tage eine Betreuungs­person vorbeikomm­t“, betont Thaler-Haag.

Das Vorhaben sorgte bundesweit für Kritik. Eine Petition für den sofortigen Stopp der Ausschreib­ung wurde bereits 11.000 Mal unterschri­eben. Der Österreich­ische Frauenring bezeichnet es als „Anschlag auf die Frauenhaus­Bewegung“und appelliert an die Landesräti­n, frauenpoli­tische Expertinne­n ernst zu nehmen.

Auch SPÖ und FPÖ stemmen sich dagegen. Landtagsab­geordnete Karin Dollinger (SPÖ) kritisiert, dass eine funktionie­rende Struktur ohne Not zerstört werde, und ortet ein „volles Chaos“, da der Betrieb, nur bis Ende 2020 garantiert sei. Die SPÖ fordert von Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) einen Stopp der Ausschreib­ung.

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