Eine Neuinterpretation der Regelung für Maklerprovisionen lässt die Wogen in Österreich hochgehen.
Das Oberlandesgericht Wien interpretiert das Makler- und Vertragsrecht neu. Hält der Spruch vor dem Höchstgericht, könnten freivereinbarte Maklerhonorare zur Seltenheit werden.
Eine überraschende Neuinterpretation der Regelung für Maklerprovisionen hat das Oberlandesgericht Wien (OLG) vorgenommen. In seinem Beschluss vom 22. April hat der Richtersenat die Berufung des Hotelinvestors abgewiesen, der die vom dienstbaren Realitätenvermittler verlangte Vermittlungsprovision in der Höhe von drei Prozent des Kaufpreises als zu hoch abgelehnt und in der Folge nicht gezahlt hatte.
Die Höhe der Maklerprovision richte sich primär nach der Vereinbarung der Parteien, stellt das OLG in seinem Erkenntnis fest. „Ist über die Provisionshöhe nichts Besonderes vereinbart, so gebührt dem Makler die für die erbrachten Vermittlungsleistungen ortsübliche Provision.“Das ist der Punkt, denn die Vorstellungen über diese Ortsüblichkeit gehen oft weit auseinander. Zur Orientierung gibt es die Immobilienmaklerverordnung. Diese schreibt vor, dass die Provision für die Vermittlung des Kaufes einer Liegenschaft bei einem Kaufpreis von mehr als 36.336,42 Euro „den Höchstbetrag von drei Prozent nicht übersteigen darf“. Im Lichte der Rechtssprechung sei die von der Klägerin verlangte Höchstprovision „jedenfalls ortsüblich, sodass es auf die Angemessenheit der Provisionshöhe nicht mehr ankommt“, beschied das OLG.
Das ist starker Tobak. Denn das Erstgericht hatte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der Angemessenheit der verlangten Provision ausgeschlagen. Das OLG wies dieses Begehren des beklagten Hotelkäufers sogar ab. Das Berufungsgericht sah darin gar einen „unzulässigen Erkundungsbeweis“, der einzig dem Zweck gedient hätte, „dass es der Beklagten „um die Ausforschung der Höhe der ortsüblichen oder angemessenen Provision gegangen ist“.
Dass die Maklerprovision per Verordnung gedeckelt ist und die drei Prozent des Kaufpreises die absolute Obergrenze darstellen, fällt in dem Erkenntnis völlig unter den Tisch. Denn laut OLGSpruch haben Provisionsfeststellungen zwischen Käufer und Verkäufer ohnehin keine Auswirkungen auf den Provisionsanspruch. „Nach diesem Urteil spielt es keine Rolle mehr, ob der Interessent zum Makler gesagt hat „die drei Prozent zahle ich nicht“, sagt der auf Maklerrecht spezialisierte
Rechtsanwalt Benedikt Wallner. Er sieht das Maklerrecht ausgehebelt, sollte der Oberste Gerichtshof das OLG-Urteil bestätigen. „Der Makler kriegt immer seine drei Prozent, die laut Gesetz allerdings nur als Höchstgrenze gedacht waren. Letzteres übrigens auch ohne unterschriebenen Maklervertrag.“
Bestätigt das Höchstgericht dieses Urteil, wäre auch das Vertragsrecht massiv betroffen. Denn dann wäre ein Konsens über die Provisionshöhe für den Abschluss eines Maklervertrags nicht mehr erforderlich. Zudem galt nach bisheriger Judikatur, dass eine stillschweigende (konkludente, schlüssige) Auftragserteilung dann anzunehmen ist, wenn der Interessent die vom gewerbsmäßigen Realitätenvermittler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht (siehe RIS-Justiz RS0062658). Allerdings hatte der Immobilienkäufer in dem dem Zivilgerichtsverfahren vor dem Landesgericht Krems vorausgegangenen Tauziehen der Geschäftspartner über die Höhe der Provision ebendieser widersprochen.
„Zweifel, ob eine schlüssige Auftragserteilung erfolgt sei, gehen stets zulasten des Maklers“, verweist Anwalt Wallner von Wallner Jorthan Rechtsanwälte auf die gängige Judikatur (1 Ob 604/93), „er ist für das Zustandekommen des Vermittlungsauftrages beweispflichtig.“
Ob der Hotelkäufer die eingeklagten 288.000 Euro an Maklerprovision nachzahlen muss, bleibt in dem an Wendungen reichen Fall abzuwarten. Am Anfang des Geschäftsfalles stand der Kaufvertrag vom 3. April 2018 über 34 Mio. Euro, für dessen Vermittler der Makler 510.000 Euro Provision verlangte (die er mit einem zweiten Maklerbüro teilen wollte); der Käufer lehnte dies ab.
So sank die Provision zunächst auf 420.000 Euro, im Juni auf 275.000 Euro zahlbar binnen fünf Banktagen. Da sich der Hotelinvestor noch immer zierte, bot die Klägerin weitere 5000 Euro Preisnachlass (alle Angaben netto, also exkl. Umsatzsteuer) an. Daraufhin überwies der Käufer fristgemäß 318.000 Euro, den Rest erst im August – nach Meinung des Maklers zu spät und nicht vollständig. Einem der beiden Makler war das vom Maklerhöchstsatz abweichende Honorar ausreichend, dem zweiten nicht.