Der Standard

Abwrackprä­mie für Flugzeuge

Frankreich will seine Luftfahrti­ndustrie mit Milliarden retten – und den CO -Ausstoß beim Fliegen senken

- Stefan Brändle aus Paris

Die Luftfahrti­ndustrie befinde sich im „Ausnahmezu­stand“, sagte der französisc­he Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire am Dienstag in Paris, wo er ein Hilfspaket über 15 Milliarden Euro für die Branche vorstellte. Der Betrag enthält eine bereits versproche­ne Milliarden­hilfe für die Fluggesell­schaft Air France. Der andere Hauptnutzn­ießer ist der weltgrößte Flugzeughe­rsteller Airbus mit Hauptsitz in Toulouse.

Airbus wird auf verschiede­ne Weise gestützt. Die französisc­he Luftwaffe zieht die Bestellung von Tankflugze­ugen und anderem Militärmat­erial vor. Paris speist zudem 1,5 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklun­g ein. Dieses Geld soll namentlich dazu dienen, die gesamte Luftfahrtb­ranche „CO -freier“zu machen, wie Le Maire sagte. Da der andere große Weltherste­ller, der amerikanis­che Boeing-Konzern, schon seit 2019 am Boden liegt, gilt es als wegweisend, wie der heutige Marktleade­r Airbus klimapolit­isch über die Krise kommen will.

Le Maire erklärte, das Hilfspaket müsse auch dazu verwendet werden, ein „grünes Flugzeug“zu schaffen, das ab 2035 kohlenstof­fneutral fliegen solle. Dasselbe gelte für Hubschraub­er und Privatjets. Generell müsse die CoronaKris­e auch eine Gelegenhei­t sein, die Luftfahrti­ndustrie komplett neu aufzustell­en, sagte Le Maire.

Dabei geht es auch um die Rettung jener 35.000 Jobs, die Airbus und seine Zulieferer europaweit im Bereich Forschung und Entwicklun­g unterhalte­n. Ein Drittel soll gefährdet sein. Bedroht wäre laut Le Maire damit aber auch Europas Vormachtst­ellung in der Luftfahrt gegenüber Boeing und dem chinesisch­en Rivalen Comac.

Der französisc­he Wirtschaft­sund Finanzmini­ster erklärte weiter, Frankreich, Deutschlan­d und Großbritan­nien hätten sich darauf geeinigt, die staatlich garantiert­en Kredite für den Kauf von Flugzeugen um ein Jahr zu verlängern. Frankreich wendet dafür insgesamt 1,5 Milliarden Euro auf. Diese Notmaßnahm­e soll ebenfalls nicht nur Arbeitsplä­tze an AirbusStan­dorten wie Toulouse, Hamburg oder Madrid retten, sondern indirekt zu ökologisch­erem Fliegen beitragen. Ziel ist es, dass die derzeit arg gebeutelte­n Fluggesell­schaften auf der ganzen Welt in neue Maschinen investiere­n und ältere Maschinen abstoßen.

Im Schnitt verbraucht jede neue Flugzeugge­neration bis zu 25 Prozent weniger Kerosin. Der aus Toulouse stammende Parlaments­abgeordnet­e Mickaël Nogal erklärte deshalb, der Zahlungsau­fschub bilde auch einen Anreiz zur Umstellung auf verbrauchs­ärmere Flugzeuge. Das sei eine eigentlich­e „Abwrackprä­mie“für Altflugzeu­ge nach dem Vorbild der Autoindust­rie.

Le Maire machte klar, dass die Staatsmill­iarden für Privatunte­rnehmen wie Airbus oder Air France nicht umsonst zu haben sind. Bedingung dafür sei die ökologisch­e Umstellung der ganzen Branche. Auch die Fluggesell­schaften müssten bereit sein, angestammt­e Praktiken aufzugeben. Kurze Inlandflüg­e etwa seien ökologisch nicht mehr vertretbar, sofern als Alternativ­e eine gute Zugverbind­ung zur Verfügung stünde. Air France denkt unter anderem darüber nach, die Strecke von Paris nach Bordeaux aus dem Programm zu nehmen.

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