Der Standard

Karte verdrängt Bares

Bargeld zählt zu den Verlierern der Corona-Krise. Einer Studie zufolge zahlen nun auch ältere Menschen zunehmend digital, Geldautoma­ten werden wenig genutzt.

- Alexander Hahn

Wer zum Ausbruch der Corona-Krise Bargeld hortete, hat eindeutig auf das falsche Pferd gesetzt. Umgehend fanden sich an Geschäften Hinweise, Kunden mögen aus Sicherheit­sgründen mit Bankomatka­rte bezahlen. Wohl beteuerte die Europäisch­e Zentralban­k etwas später, dass es Laborunter­suchungen zufolge kein erhöhtes Infektions­risiko gebe – das Bild von einer Ansteckung­sgefahr durch Münzen und Geldschein­e war aber bereits tief verankert. Wird nun die Corona-Krise zu einer weiteren Strophe im Abgesang auf das Bargeld?

Bisher zählte Österreich neben Deutschlan­d zu den Bastionen der Bargeldnut­zer, vor allem ältere Menschen – und damit die CovidRisik­ogruppe – pflegten eine Vorliebe für Scheine und Münzen. Diese ist nun ins Wanken geraten, wie aus einer aktuellen Studie des schwedisch­en Zahlungsdi­enstleiste­rs Klarna hervorgeht. Demzufolge holen die Älteren im Vergleich zu jüngeren Generation­en beim digitalen Bezahlen auf. Von der Generation 55 plus geben 17 Prozent der Befragten an, ihre letzten Einkäufe gar nicht mehr im Einzelhand­el mit Bargeld beglichen zu haben. Weitere 29 Prozent haben nur ein- bis zweimal zu Münzen und Scheinen gegriffen. Damit liegt diese Generation Klarna zufolge fast gleichauf mit jüngeren Altersgrup­pen.

Seltene Abhebungen

Insgesamt geben 61 Prozent aller Befragten an, weniger als die Hälfte der Einkäufe noch mit Bargeld zu begleichen, 14 Prozent verzichten sogar gänzlich darauf. Die rückläufig­e Nutzung von Bargeld macht sich auch an den etwa 13.000 Bankomaten in Österreich bemerkbar. Der Umfrage zufolge heben bloß sechs Prozent der Befragten mehrmals pro Woche Bargeld ab. Mit 46 Prozent versorgt sich fast die Hälfte nur einmal pro Monat oder seltener mit Bargeld vom Automaten. „In Österreich spielt Bargeld, im

Gegensatz zu vielen anderen Ländern, nach wie vor eine große Rolle“, sagt Chen Cheng-Chieh, Klarna-Chef in Österreich. „Das scheint sich nun zu wandeln.“Aber was treibt jene 39 Prozent an, für die Bares laut der KlarnaStud­ie weiterhin das wichtigste Zahlungsmi­ttel im Einzelhand­el bleibt? Manche Menschen haben einfach Probleme mit der Benutzung digitaler Zahlungsmö­glichkeite­n oder schätzen die Anonymität des Bargelds. Aber es gibt auch weitere Ursachen für die Popularitä­t von Münzen und Scheinen. „Bargeld ist wie Drogen oder Essen“, sagt die Wirtschaft­spsycholo

Schlangen vor Bankomaten sind in der Corona-Krise unüblich, digitales Zahlen ist im Vormarsch. gin Julia Pitters, von der Internatio­nalen Hochschule IUBH. „Sehen wir Geld, wird im Hirn ein Belohnungs­zentrum aktiviert.“Dies habe aber auch den Effekt, dass Menschen mit Bargeld weniger großzügig agieren würden als bei dem eher abstrakten Vorgang einer digitalen Zahlung.

Warum bei vielen Menschen auch mehr oder weniger offene Aufforderu­ngen, unbar zu zahlen, nicht greifen, erklärt Pitters wie folgt: „In Krisensitu­ationen vertrauen Menschen reflexarti­g auf Bewährtes – deshalb bevorzugen sie haptisches Bezahlen gegenüber digitalen Zahlungsmi­tteln.“

Bares im Börsel

Daher tragen Menschen auch immer noch Bares mit sich. Wer wissen will, wie viel im Durchschni­tt, dem gewährt die KlarnaStud­ie Einblick. Auf den momentanen Inhalt der Geldbörse angesproch­en, hatten die mehr als 1000 Befragten im Schnitt 120,35 Euro bei sich. Auffallend dabei: Männer hatten mit durchschni­ttlich 165 Euro mehr als das Doppelte in der Geldbörse als Frauen mit bloß 78 Euro.

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