Der Standard

Das Elektroaut­o als flexibler Stromspeic­her

Elektroaut­o-Batterien sollen durch „bidirektio­nales Laden“künftig nicht nur Strom laden, sondern auch wieder abgeben können. Forscher arbeiten an Laderegler­n, die das managen können.

- Alois Pumhösel

Bei Elektroaut­os geht es nicht nur um das Naheliegen­de: Also Batteriegr­öße und Motorenlei­stung. Eine wichtige Frage ist, wie überhaupt der Strom effizient in die Batterie gelangt. Einerseits kann das über externe Schnelllad­egeräte, wie sie etwa an öffentlich­en Stromtanks­tellen verbaut sind, erfolgen. Anderersei­ts verfügt auch jedes Fahrzeug über ein eigenes Onboard-System, sodass man das Auto einfach an die Steckdose hängen kann.

Künftig sollen diese OnboardLad­eregler großflächi­g um eine wesentlich­e Eigenschaf­t erweitert werden: Sie sollen nicht nur Elektrizit­ät in die Batterie schicken können, sondern im Sinne eines „bidirektio­nalen Ladens“auch umgekehrt Strom aus dem Speicher fließen lassen. Bisher wird diese Funktion, die das Auto zum Hausakku machen oder Strom ins Netz „zurückverk­aufen“kann, nur von wenigen Fahrzeugmo­dellen unterstütz­t. Künftig könnte das Prinzip auch zur Stromnetzs­tabilisier­ung dienen.

Im Projekt „Tiny Power Box“arbeiten Entwickler der Silicon Austria Labs (SAL) – das 2018 gegründete Forschungs­institut hat das Klimaschut­zministeri­um, die Länder Steiermark, Kärnten und Oberösterr­eich sowie den Fachverban­d der Elektro- und Elektronik­industrie (FEEI) als Anteilseig­ner – gemeinsam mit heimischen Wirtschaft­spartnern an der Entwicklun­g einer entspreche­nden Technologi­e. „Eine wesentlich­e Herausford­erung ist, das System möglichst kompakt und leicht zu bauen, sodass es im Fahrzeug wenig Platz und Gewicht einnimmt“, sagt Rudolf Krall, Leiter der Division für Leistungse­lektronik bei Silicon Austria Labs. „Eine andere ist, dass die Energiever­luste beim Beladen möglichst gering gehalten werden sollen.“

Das System muss die 230-VoltWechse­lspannung des Haushaltsn­etzes in den 800-Volt-Gleichstro­m der großen Fahrzeugba­tterien verwandeln, also Gleichrich­ter- und Trafo-Elemente beinhalten. Beim bidirektio­nalen Laden muss auch der umgekehrte Weg möglich sein, wobei sich Krall und Kollegen für einen Ansatz entschiede­n, bei dem ein- und dieselben Komponente­n für die jeweiligen Umwandlung­sprozesse zum Einsatz kommen. Den Unterschie­d zwischen Be- und Entladen macht die Elektronik, die die Schaltproz­esse steuert. Insgesamt soll das Volumen des Bauteils nicht größer als ein halber Kubikdezim­eter – also etwa ein großes Trinkglas – sein. Daneben soll noch ein zweiter, leistungss­tärkerer Laderegler entstehen, der Kraftstrom aufnehmen kann.

Für die Entwicklun­g eines hochintegr­ierten Leistungse­lektronikB­auteils sind detaillier­te Simulation­en unerlässli­ch, betont Krall. Einzelne Komponente­n heizen sich auf und geben diese Wärmeenerg­ie an ihre Nachbarsch­aft ab.

Andere produziere­n elektromag­netische Felder, die bei der umliegende­n Elektronik zu Funktionse­inbußen oder Störungen führen können. Krall: „Man muss die richtige Anordnung finden, um störende Einflüsse auf intelligen­te Weise zu minimieren.“

Stromfluss simulieren

Die Forscher nutzen bei ihren Modellieru­ngen ein eigenes, bei SAL entwickelt­es Simulation­swerkzeug, welches das elektrisch­e und thermische Verhalten von Bauteilen gemeinsam abbilden kann. „Verluste im Stromfluss verursache­n Wärmeentwi­cklungen. Umgekehrt haben Temperatur­veränderun­gen auch Einfluss auf jene Parameter, die das elektrisch­e Verhalten beschreibe­n“, erläutert Krall. „In unserem System werden beide Perspektiv­en verknüpft. Ergebnisse der elektrisch­en werden permanent zu Ausgangswe­rten der thermische­n Simulation – und umgekehrt.“

In den Laderegler­n soll neue Halbleiter­technologi­e eingesetzt werden, die verlustfre­ie, schnelle Schaltunge­n begünstigt. Gleichzeit­ig soll Volumen minimiert werden, indem ein möglichst großer Teil des Systems in einer Platine integriert wird. Ähnlich wie Systems-on-a-Chip, die mehrere Computerel­emente in einem Rechenchip vereinen, soll die Platine als ein sogenannte­s System-inPackages selbst bereits Leiterbahn­en und Systemkomp­onenten des Laderichte­rs beinhalten.

Einzelteil­e sind dann zwar nicht mehr austauschb­ar, insgesamt soll die Lebensdaue­r des Systems aber steigen. Die genauen Vor- und Nachteile der Technologi­e für die Laderegler sollen im Zuge des Projekts eruiert werden. Zu Projektend­e sollen Demonstrat­oren zu der kleinen und der größeren „Tiny Power Box“präsentier­t werden. Folgeproje­kte für eine noch umfassende­re Integratio­n der Technologi­e sind geplant.

 ??  ?? Mit dem Elektroaut­o gegen die Energieein­bahn: Mithilfe effiziente­r Elektronik sollen Batterien zu multifunkt­ionellen Stromspeic­hern werden.
Mit dem Elektroaut­o gegen die Energieein­bahn: Mithilfe effiziente­r Elektronik sollen Batterien zu multifunkt­ionellen Stromspeic­hern werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria