Der Standard

Das Virus und die Außerirdis­chen

- Ljubiša Tošić

Überwunden wird die Corona-Angelegenh­eit wohl erst sein, wenn ORF 2 wieder Seitenblic­ke riskiert. Dennoch verstärken sich rückblicke­nde Reflexione­n zur Frage, woher das Ding eigentlich kam oder ob die Stubenhock­ermaßnahme­n der Regierung sinnvoll oder reichlich überzogen waren.

In Thema wird auf all dies emotionali­sierend eingegange­n. Kam das Virus aus dem Weltraum, was immerhin ein Beweis für außerirdis­ches Leben wäre? Kam es aus dem Labor eines rei

EINE TV-REISE DURCH DIE MEINUNGSVI­ELFALT

chen Mannes, der den Globus impfen will? Zwischen fantasievo­llen Theoremen vermutet eine Wutbürgeri­n, die Heimat sei auf dem Weg zur Diktatur. Als Kontrast zu ihren Tiraden werden die beunruhige­nden Verbalhits von Sebastian Kurz eingespiel­t („Es ist nur die Ruhe vor dem Sturm“).

Später in der ZiB 2 weniger drastisch Georg Kapsch. Allerdings bleibt der Chef der Industriel­lenvereini­gung bei seinem schon recht früh geäußerten Vorwurf, das Einfrieren des öffentlich­en Lebens sei völlig übertriebe­n gewesen. Hubert von Goisern würde wohl widersprec­hen. Im Kulturmont­ag berichtet er davon, alle Konzerte auf 2021 verschoben zu haben. Es galt, das Publikum – sogar erst im Herbst – nicht in Entscheidu­ngsnöte zu stürzen, falls die Virusplage nicht wirklich ausgestand­en sei. Der Mann, der einen Roman schrieb, tendiert zu Vorsicht.

Es war also ein TV-Abend unterschie­dlichster Ansichten zum Thema. Vielleicht verunsiche­rnd. Ein Schluss lässt sich aber ziehen: besser Unsicherhe­it und Ungewisshe­it aushalten, als das Virus Außerirdis­chen in die Schuhe schieben.

dst.at/TV-Tagebuch

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