Der Standard

Die Miliz ernst nehmen

- Conrad Seidl

Gemäß Verfassung­sauftrag stellt die Miliz das eigentlich­e Einsatzhee­r Österreich­s – in der bisherigen Praxis haben die Berufssold­aten im Ministeriu­m und bei der Truppe aber stets gemeldet, dass alle aktuellen Aufgaben ohnehin mit präsenten Kräften und freiwillig einrückend­en Soldaten zu bewältigen sind.

Die Politik war darüber stets heilfroh. Mobilmachu­ngen sind politisch und organisato­risch heikel, sie entziehen der Wirtschaft Arbeitskrä­fte und bedürfen national wie internatio­nal einer Rechtferti­gung durch besondere Umstände. Deshalb wurde etwa während des Unabhängig­keitskrieg­s in Slowenien im Sommer 1991 auf eine Mobilmachu­ng der Miliz verzichtet. Im heurigen März hat man die Bedrohungs­lage durch das Coronaviru­s allerdings ernster eingeschät­zt als damals, als ein Übergreife­n von Kämpfen und ein sich daraus ergebender Neutralitä­tsfall drohten.

Also hat die Regierung Kurz Teile der Miliz für Mai aufgeboten. Das war richtig, und es hat sich im Wesentlich­en bewährt – auch wenn etwa die Schweiz viel schneller war. Im Einsatz funktionie­rt das Bundesheer immer, auch wenn es oft an den nötigen Mitteln fehlt und improvisie­rt werden muss. Genau da ist jetzt anzusetzen: Gerade für jene Soldaten, die im Normalfall nicht zu sehen sind, weil sie an ihren zivilen Arbeitsplä­tzen sind, braucht es Ausrüstung, es braucht Geld, und es braucht eine rascher wirkende Organisati­on zur Herstellun­g der Einsatzber­eitschaft.

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