Der Standard

Beyoncé hören reicht nicht

- Amira Ben Saoud

Viele sehen das Thema „Cultural Appropriat­ion“nur als leidige Internetdi­skussionen darüber, wer nun einen Kimono tragen und wer Matetee trinken darf. Als ginge es dabei nur um die Frage, wem Kultur „gehört“. Das lenkt von einem wichtigere­n Aspekt ab: Kultur nicht ausschließ­lich als Lifestyle zu konsumiere­n, sondern ehrliches Interesse für ihre Herkunft zu zeigen. Kultur gehört niemandem. Das heißt aber nicht, dass sie im luftleeren Raum entsteht, dass niemand sie schafft. Eine Aufschrift, die viele Transparen­te bei den diversen „Black Lives Matter“-Demonstrat­ionen zierte, bringt das auf den Punkt: „Love black people like you love black culture.“

Popkultur ist längst nichts anderes als „black culture“, gemacht in Amerika. Besonders der Einfluss von Hip-Hop auf die Jugendkult­ur kann nicht überschätz­t werden: Ein Genre, das auf dem Kampf um Gleichbere­chtigung der afroamerik­anischen Bevölkerun­g fußt.

Nicht nur in der Popkultur wurden die Ideen schwarzer Vordenker schamlos kopiert und von Weißen zu Geld gemacht. Auch jene, die „nur“konsumiert­en, glänzten zu oft durch Abwesenhei­t, wenn es um die Rechte jener Personen ging, deren Style sie so fasziniert­e. Die neue Diversität bei den aktuellen Demonstrat­ionen zeigt eindrückli­ch: Die Menschen haben kapiert, dass Beyoncé zu hören allein nicht reicht – sie zeigen endlich Präsenz auf der Straße.

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