Eurogruppe sucht neuen Chef
Portugiese Mario Centeno zieht sich zurück, Spanien will eine Frau an der Spitze der Eurogruppe sehen – es gibt mehrere Kandidaten
Wien/Brüssel – Mitten während des Ringens um Größe und Form des Corona-Wiederaufbaufonds muss sich die Eurogruppe nun auch mit Personalfragen befassen. Wie Mario Centeno, Chef der Eurogruppe, am Dienstag bereits angekündigt hat, wird er als Finanzminister Portugals zurücktreten – und damit auch als Eurogruppen-Chef ausscheiden. Darüber informierte er seine europäischen Kollegen am Donnerstag. Centenos Amtszeit endet am 12. Juli. „Von diesem Tag an wird es einen neuen Präsident der Eurogruppe geben“, sagte der Portugiese.
Am 9. Juli soll über die Nachfolge entschieden werden. Dabei könnte die Führung der Eurogruppe weiterhin in iberischer Hand bleiben – wenn auch nicht in portugiesischer. Denn mit Nadia Calvino zählt die spanische Wirtschaftsministerin zu den Favoriten im Rennen um den Posten. Deutschland könnte, so vernimmt man aus Regierungskreisen in Berlin, mit Calvino gut leben. In Brüssel hieß es, Calvino gehöre zu den Favoriten. Die Spanierin ist seit Mitte 2018 Wirtschaftsministerin und repräsentiert ihr Land in der Eurogruppe.
Mit Calvino bliebe der Posten im Süden Europas und würde das komplexe Machtgefüge in der Eurozone nicht verschieben. Gegen den italienischen Finanzminister Roberto Gualtieri und für Calvino spricht, dass mit Paolo Gentiloni bereits der Posten des EU-Wirtschaftskommissars mit einem Italiener besetzt ist. Allerdings hat Spanien auch Interesse, den Führungsposten bei der Welthandelsorganisation WTO zu übernehmen – mit Außenministerin Arancha Gonzalez Laya. Und Josep Borrell wurde 2019 zum EUAußenbeauftragten ernannt.
Neben Calvino sehen Experten im Luxemburgischen Finanzminister Pierre Gramegna einen möglichen Kandidaten. Der Liberale von der Demokratesch Partei war schon vor Centeno als Eurogruppen-Chef im Gespräch. Auch dem Iren Paschal Donohoe von der Fine Gael, die Mitglied der Europäischen Volkspartei ist, werden Chancen eingeräumt.
Der 53-Jährige Centeno war seit Dezember 2017 Chef der Eurogruppe. Er soll schon länger amtsmüde gewesen sein. In Brüssel warf man ihm öfter mangelnde Durchsetzungskraft vor. (luis)